415. Ein Geschenk für den Weihnachtsmann

Ein Geschenk für den Weihnachtsmann

Auf dem Dach war zuerst ein Rumpeln zu hören, danach die Schritte schwerer Stiefel. Irgendwer war dort oben und kam dem Kamin immer näher. Es dauerte nur Sekunden, bis er darin verschwunden war und eine Etage tiefer im Wohnzimmer auftauchte.
Lena hatte sich hinter Opas großem Sessel versteckt und traute sich fast nicht, alles zu beobachten. Sie wusste genau, dass sie das nicht durfte, dass es gefährlich war. Trotzdem hatte sie sich nicht davon abhalten lassen, in dieser Nacht Wache zu schieben.
Ein großer, dicker Mann, der in einem roten Mantel gekleidet war, richtete sich auf und ließ ein paar Mal seinen Rücken knacken.
„Puh, wenn bloß diese Schmerzen nicht wären. Ich muss mir nachher unbedingt ein warmes Körnerkissen drauflegen.“
Lena wären fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Es war tatsächlich der Weihnachtsmann. Dabei hatte ihre große Schwester Hannah am Nachmittag noch behauptet, es würde ihn gar nicht geben.
„Jetzt kann ich ihr das Gegenteil beweisen.“, flüsterte sie leise, holte ihren Fotoapparat hervor und machte ein paar Fotos.
Der Weihnachtsmann ließ sich davon nicht weiter stören, da er es auch gar nicht bemerkte. Er holte ein paar Geschenke aus seinem Sack und legte sie vorsichtig unter den geschmückten Baum.
Als er fertig war, sah er sich um und war überrascht.
„Nanu, was ist denn das?“
Er nahm ein kleines Päckchen in die Hand.
„Für den Weihnachtsmann. Von Lena.“, las er von einem kleinen Schildchen ab.
Vorsichtig öffnete er das Geschenkpapier und entdeckte darin ein paar gemalte Bilder, die ihn und seine Rentiere mit Schlitten zeigten. Der Weihnachtsmann war so gerührt, dass ihm sogar eine Träne die Wange herunter kullerte.
„Das ist toll. Ich bekomme mal ein richtiges Geschenk. Das ist viel schöner, als überall Kekse und Milch zu bekommen. Die mag ich gar nicht mehr und und machen so dick.“
Der Weihnachtsmann packte sein Geschenk vorsichtig in seine Manteltasche und wollte gerade wieder in den Kamin steigen, als er sich noch einmal umdrehte und ein weiteres Päckchen aus seinem Sack holte.
„Für so liebe Kinder gibt es eine extra Überraschung.“
Dann verschwand er hinauf aufs Dach und flog mit seinem Schlitten zum nächsten Haus.
Lena war überglücklich, dass sie den Weihnachtsmann zum Beweis fotografiert hatte, doch als sie sich die Bilder ansah, stand überall nur ‚Frohe Weihnachten‘. Der Mann im roten Mantel war nirgendwo zu entdecken.
„Egal.“, sagte sie sich.
„Dafür werde ich mich immer an diesen Abend erinnern.“

(c) 2012, Marco Wittler

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