Spielen mit Papa
Ein Blick auf die Uhr an der Wand verriet: Es war fünf Uhr am Nachmittag. Papa hatte Feierabend. In ein paar Minuten würde er Zuhause ankommen.
Finn freute sich schon sehr auf diesen Augenblick. Wie jeden Tag wollte er etwas mit Papa spielen, obwohl der nie Lust darauf hatte.
Papa hatte immer zu viel Stress, war müde und hatte noch ein paar Ausreden mehr auf Lager. Trotzdem gab Finn nicht auf.
»Heute bist du fällig.«, murmelte er in sich hinein und war sich sicher, dass seine Falle, an der er ein paar Stunden gearbeitet hatte, zuschnappen würde.
Es klingelte an der Tür. Das war Papa. Finn öffnete die Tür nur einen Spalt breit und schob sich nach draußen.
»Da bist du ja endlich. Hast du Lust mit mir ein Spiel zu spielen? Ich hab mir auch schon etwas überlegt und vorbereitet.«
Papa seufzte.
»Ach, Finn. Du weißt doch. Meine Arbeit, die ist immer so stressig. Das macht mich ganz schön müde. Vielleicht ein anderes Mal.«
Finn ließ den Kopf hängen und trat zur Seite. Papa machte einen Schritt an seinem Sohn vorbei und öffnete die Tür. Doch statt in die Wohnung zu gehen, blieb er wie angewurzelt stehen.
Im Flur stapelten sich unzählige Pappkartons.
»Finn?«, fragte er verwirrt. »Warst du im Keller und hast die alten Umzugskartons hier rauf gebracht?«
Finn grinste breit und nickte.
»Na klar. Was denkst du denn? Ich habe den ganzen Tag an meinem Labyrinth gebastelt. Jetzt musst du mal mit mir zusammen spielen, sonst kommst du nicht ins Wohnzimmer.«
Papa war verblüfft. So einen Einfall hätte er seinem Sohn gar nicht zugetraut. Gleichzeitig bekam er ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Sohn immer wieder vertröstete.
Kurzerhand ließ er seine Arbeitstasche fallen.
»Wer als erster im Wohnzimmer ist.«
Schon kniete Papa sich hin und krabbelte jubelnd in eine Öffnung des Papplabyrinths. Finn kam kaum hinterher. Er freute sich trotzdem. Jetzt hatte er Papa dort, wo er ihn haben wollte.
Gemeinsam krochen sie im Labyrinth hin und her, bis sie irgendwann ihr Ziel erreichten. Das Wohnzimmer.
Papa setzte sich grinsend auf das Sofa. »Das war echt toll.«, war er begeistert. »Deine Idee ist richtig cool.«
Er klatschte seinen Sohn an der Hand ab.
»Und was machen wir jetzt?«
Finn zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
»Ich aber.«, antwortete Papa. »Wir fangen nochmal von vorne an.«
Und dann stürmte er gleich wieder ins Labyrinth.
(c) 2019, Marco Wittler
Ich bin fasziniert!
Wenige Zeilen – und doch so viel Inhalt!
Das Kind in mir liebt solche Geschichten – welche auch zum Nachdenken anregen…
LG
Jürgen