833. Rettung nach dem Sturm

Rettung nach dem Sturm

Am Fuße eines großen Leuchtturms lag ein altes, kleines Binsenkörbchen, das von den Gezeiten ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden war. Vor etlichen Jahren war es von einem schweren Unwetter über die Reling eines Schiffes geweht worden. Nun lag es beinahe unentdeckt auf dem felsigen Boden.
Der Einzige, der auf das Körbchen aufmerksam geworden war, lebte seit einigen Jahren in dessen Inneren. Ein Einsiedlerkrebs nutzte es als Schutzraum und Wohnhöhle.
Eines Tages, der Kalender war in den Herbst vorgerückt, zog ein noch viel stärkerer Sturm über die Küste des Meeres. Die Wellen schlugen immer wieder gegen den Sockel des Leuchtturms und gegen das Binsenkörbchen, brachen mit Gewalt über allem ein, was ungeschützt an der Küste lag. Es dauerte mehrere Tage, bis sich das Wetter wieder beruhigte.
Erst als das Meer wieder glatt vor der Küste lag, traute sich der Einsiedlerkrebs aus seinem Körbchen heraus, um nach dem Rechten zu sehen.
Er kletterte vorsichtig Felsen für Felsen abwärts, bis er am Grund angekommen war. Dort sah er, was der Sturm angerichtet hatte.
Im Sockel des Leuchtturms hatten sich große Risse gebildet. An manchen Stellen waren ganze Brocken des Fundaments ausgebrochen.
Der Krebs erschrak. Der Leuchtturm war stark einsturzgefährdet. Es musste sofort etwas unternommen werden.
So schnell ihn seine acht kleinen Beinchen tragen konnten, lief er zurück Richtung Ufer, sah in jede kleine Höhle hein und trommelte alle Krebse zusammen, die er finden konnte.
»Wir müssen den Leuchtturm so schnell wie möglich retten. Schnappt euch Steinchen, alte Schneckenhäuser und alles, was ihr sonst noch finden könnt und stopft es in die Löcher und Risse. Gemeinsam werden wir das schaffen.«
Die vielen Krebse waren begeistert. Trotz ihrer geringen Größe bekamen sie das Gefühl, etwas bewegen zu können.
Sie packten alle fleißig an, brachten Stein um Stein, reparierten innerhalb weniger Tage notdürftig den Sockel des Leuchtturms.
Erst eine ganze Woche später kamen Taucher zum Leuchtturm, um nach Schäden zu schauen.
Sie waren sehr erstaunt über die entstandenen Schäden und die bereits erfolgten Reparaturen.
»Verrückt. Wer hat das wohl gemacht? Ohne die vielen Steinchen und Muscheln wäre der Leuchtturm schon vor Tagen umgestürzt. Das war gute Arbeit.«
Schon einen Tag später kamen Arbeiter an die Küste und besserten alle Schäden am Sockel des Leuchtturms aus. Wer ihn aber direkt nach dem Sturm gerettet hatte, sollte auf ewig ein Geheimnis bleiben.

(c) 2020, Marco Wittle

Image by Łukasz Siwy from Pixabay

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