014. Frederick, die kleine Maus

Frederick, die kleine Maus

 In einer großen Scheune auf einem Bauernhof lebte eine große Mäusefamilie. Dort gab es eine Mama Maus und jede Menge Mäusekinder. Eine von ihnen, die älteste der Kinder, hieß Frederick. Schon ganz früh war Frederick ein Abenteurer gewesen und ärgerte nur zu gern die Katze durch ein Fenster hindurch. Das machte immer sehr viel Spaß und die Katze sehr wütend. Am Abend gab es dann von seiner Mutter immer Ärger, weil eine Katze sehr gefährlich für eine kleine Maus werden kann.
Wie in jedem Leben eines Mäuserichs kommt irgendwann einmal die Zeit, sich ein eigenes Mauseloch zu suchen oder zu bauen. Und auch für Frederick war es dann soweit. Er packte seine Sachen zusammen und stopfte sie in einen Beutel. Den band er an einen langen Stock, den er über der Schulter tragen konnte. Und schon konnte es los gehen.
Seine Mutter stand am Eingang und hatte eine kleine Träne im Auge, die jeden Moment ihre Wange herunter kullern konnte. Sie hatte es nicht so schnell erwartet, dass ihr kleiner Frederick ausziehen würde. Sie drückte ihn noch einmal fest an sich und gab ihm ein dickes Stück Käse, damit er bei seiner Suche auch genug zu Essen dabei hatte.
Doch seine Reise dauerte nicht sehr lange. Schon ein paar Meter entfernt fand er einen großen Stützbalken in dem es sich bestimmt gemütlich leben lies. Er konnte es sich schon richtig gut vorstellen. Unten kam der Eingang hin und weiter oben ein Zimmer mit großem Fenster, damit er alles in der Scheune sehen und beobachten konnte. Dazwischen eine schicke Treppe, um hinauf und wieder herunter zu kommen.
Frederick holte sein Werkzeug aus seinem Beutel und begann zu arbeiten. Bis zum Abend hatte er den ersten Raum und die Eingangstür fertig. So konnte er schon in der ersten Nacht sicher schlafen, ohne Angst zu haben von der Katze gefunden und gefressen zu werden. Die Holzspäne, die er aus dem Balken geschlagen hatte versteckte er sorgfältig unter einem Heuhaufen, damit die Katze keinen Verdacht schöpfen konnte, dass hier eine neue Maus eingezogen war.
Auch in den nächsten Tagen war die kleine Maus sehr fleißig. In den ersten dreien entstand die Treppe. Weitere fünf Tage brauchte sie für die beiden Zimmer darüber. Das eine wurde das Wohnzimmer mit einem großen Fenster. Das zweite wurde ein Bad.
In der Zeit danach flogen immer noch viele Holzspäne aus dem Mauseloch. Denn Frederick baute eine zweite Treppe, die noch höher führte. Dort musste unbedingt ein Schlafzimmer entstehen mit einem herrlichen Ausblick auf die ganze Scheune. Und in der anderen Richtung entstand ein großer Vorratskeller.
Nach so viel Arbeit wollte er sich erst einmal entspannen. Doch vorher verbrachte er den ganzen Vormittag damit zwischen seinem neuen Heim, dem Kornspeicher und der Küche des Bauern hin und her zu laufen. Denn er musste noch den Keller mit Essen anfüllen. Nach und nach stapelten sich riesige Mengen Getreide, duftender Limburger Käse, geräucherter Speck und Schinken und einige Kannen Kuhmilch. So konnte er es einige Zeit hier aushalten und es sich gut gehen lassen. Zum Schluss überprüfte er noch einmal die Eingangstür und die Fensterläden. Denn er wollte unbedingt vermeiden, dass die Katze etwas von ihm sehen oder ihn hier drinnen angreifen konnte.
Dann verkroch er sich in sein Wohnzimmer, legte sich auf sein Sofa und lies sich die Sonne auf den Bauch scheinen, die gerade durch einen Spalt im Scheunendach schien.
Doch die Ruhe währte nicht sehr lange, denn von draußen hörte er seine kleinen Geschwister in der Scheune lauthals spielen. Von irgendwo her hatten sie sich eine Erbse besorgt und spielten damit Fußball. Da an Ausruhen nun nicht mehr zu denken war setzte sich Frederick an das Fenster und sah ihnen zu. Zwischendurch feuerte er sie sogar kräftig an.
Doch ein weiteres Geräusch unterbrach den Spaß. Das große Scheunentor knarrte kurz. Irgendwer musste herein gekommen sein. Es war nicht der Bauer, denn ihn hätte man wegen seiner Größe sofort gesehen. Alle starrten nun wie gebannt in die gleiche Richtung. Dann konnte Frederick von seinem hohen Platz als erster sehen, was sich dort durch das Heu anschlich. Es war die Katze.
Sofort warnte der Mäuserich seine Geschwister. Dann rannte er nach unten und verschloss schnell seine Tür. Hier drinnen war er sicher. Außerdem konnte er mit all dem Essen im Keller länger aushalten als die Katze.
Aber den anderen Mäusen erging es nicht so gut. In ihrer Angst liefen sie direkt nach Hause statt sich zu verstecken. Die Katze sah dies sofort und lief hinterher. Nun hatte sie endlich entdeckt, wo die Mäuse wohnten. Jetzt würde sie das Mauseloch nicht eher wieder aus den Augen lassen, bis sie alle Bewohner daraus eingefangen hatte. Irgendwann mussten sie ja heraus kommen. Der Hunger würde sie schon heraus treiben. Wie auf Patrouille ging sie nun auf und ab.
Frederick sah mit Entsetzen zu was dort passierte. Er wollte etwas unternehmen, doch wusste er nicht was er ausrichten konnte. Das erste was er ausprobierte war einfach und nicht sehr wirkungsvoll. Durch ein kleines Guckloch beschoss er die Katze mit einer kleinen Steinschleuder. Sie sah sich zwar kurz nach dem Schützen um, lies sich aber nicht weiter ablenken.
Die kleine Maus lief durch ihr ganzes Haus auf der Suche nach einer Idee. Und die fand sie schließlich im Keller.
Die Scheune stand etwas erhöht auf einem Bretterboden. Darunter waren noch einige Zentimeter Luft. Und Der Fußboden von Fredericks Keller war ein teil dieser Bretter.
Schnell holte er sein Werkzeug wieder hervor und sägte ein Loch in den Boden. Er hatte es genau richtig vermutet. Dort war jede Menge Platz, um unter der ganzen Scheune herum zu laufen.
Er ging noch einmal zu seiner Eingangstür und schätze Richtung und Entfernung zum Mauseloch seiner Familie ab und verschwand dann durch das neue Loch. Es war Zeit, sich auf den Weg zu machen.
Es dauerte nicht lange bis er unter der Katze her ging. Er konnte sie leise über sich schnurren hören.
Am Ziel angekommen begann er ein Loch ins Brett zu sägen über dem sich die anderen Mäuse befinden mussten. Von der anderen Seite waren bereits verwunderte Stimmen zu hören, die sich in erstaunte Augen verwandelten, als er fertig war und zu seiner Familie hinauf kletterte. Schnell gab er allen die Anweisung in seinen Keller zu laufen, weil sie dort viel sicherer waren. Dann überlegte er sich, wie er die Katze verscheuchen konnte.
Ein kleines Grinsen huschte über sein Gesicht. In einem der Zimmer bewahrte seine Mutter alle möglichen Dinge auf, die sie an so manches Ereignis erinnerten. Darunter gab es auch ein Mausefalle, in die sie beinahe getappt wäre.
Der Mäuserich holte sie hervor und schob sie langsam vor den Eingang. Er musste den Schnappbügel nicht einmal spannen, weil er das über all die Jahre noch war. Jetzt musste er nur noch die Verriegelung der Tür öffnen und ganz schnell durch sein Fluchtloch verschwinden.
Die Katze konnte hören, dass etwas im Innern des Mauselochs vor sich ging und stieß sofort die Tür auf und tastete mit ihrer Pfote hastig darin herum. Die kleine Maus war gerade rechtzeitig verschwunden und konnte von unten ein kurzes ‚Klack’ hören und dann ein schmerzverzerrtes Miauen.
Die Katze war in die Falle getappt. Erschrocken zog sie ihre Pfote zurück und humpelte unbeholfen aus der Scheune hinaus. Beim Nächsten Mal würde sie es sich zweimal überlegen, ob sie sich mit einer schlauen Maus anlegen würde.
Am Abend gab es dann ein großes Fest. Alle feierten ihren neuen Helden, Frederick, den Katzenschreck.

(c) 2004, Marco Wittler14 Frederick die kleine Maus

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