1014. Flaschenpostbote Knut wird verfolgt (Flaschenpostbote Knut 07)

Flaschenpostbote Knut wird verfolgt

Knut zog sich die blaue Jacke über, strich die Ärmel glatt und sah sich prüfend im Spiegel an. Etwas fehlte da noch. Ach, ja. Die passende Schirmmütze gehörte unbedingt auf den Kopf. Er legte den breiten Ledergürtel und seine große, schwere Tasche um. Zuletzt rückte er das Schild mit der Aufschrift FLASCHENPOST auf der Brust zurecht und nickte endlich. Er war fertig und konnte in den Tag starten.

Der Meermann, verließ er sein Haus und schwamm los. Die Flaschenpost musste ausgeteilt werden. Sein Weg führte ihn wie immer zuerst zur nahen Grundschule, wo die Kinder am Zaun schon auf ihn warteten.
»Knut!«, stürmten sie laut rufend auf ihn zu. »Kannst du uns eines deiner verrückten Erlebnisse erzählen?«
Knut strich sich seinen Schnurrbart zurecht, dachte kurz nach und begann zu grinsen.
»Mir fällt da etwas ein. Ich Ich war neulich schwer beladen auf Tour und hatte sehr viele Flaschen auszuliefern. Dabei wurde ich von einem unheimlichen Fremden beobachtet. Davon werde ich euch berichten.«
Auf dem Schulhof wurde es mucksfischchenstill, als Knut zu erzählen begann.

Flaschenpostbote Knut war am frühen Morgen schwer beladen. Gleich vier lederne Umhängetaschen hatte er sich auf die Schultern geladen. An diesem Tag musste sehr viel Flaschenpost in der Stadt unter dem Meer ausgetragen werden. Im Flaschenpostamt lagen sogar noch weitere Taschen, die bereits für die Nachmittagsschicht gepackt waren.
An jeder Kreuzung musste sich Knut an einer Laterne anlehnen und eine kurze Pause einlegen, so schwer war seine Last. Er blickte zurück und seufzte. Er hatte konnte sein Amt noch sehen. Er war nicht weit gekommen.
Knut schwamm weiter, stellte Flasche um Flasche in die Briefkästen und sah dabei immer wieder zurück. Er kam kaum vorwärts. Dabei fiel ihm aber noch etwas auf. Im Schatten einer Seitenstraße sah er zwei Augen, die ihn offensichtlich beobachteten.
War dem Meermann da etwa ein Posträuber auf den Fersen? Knut bekam eine Gänsehaut und setzte schnell seinen Weg fort. Er musste aber trotzdem immer wieder über die Schulter blicken.
Der Fremde verfolgte ihn tatsächlich und suchte Schutz in jeder dunklen Ecke, die er finden konnte. Seine großen, neugierigen Augen, waren aber nicht zu übersehen.
Knut machte, dass er weiter kam, wurde mit jeder abgelieferten Flasche schneller, konnte den Verfolger aber nicht abschütteln. Irgendwann wurde es ihm zu bunt. Er drehte sich um, schwamm auf den Fremden zu und stellte sich ihn zitternd gegenüber.
»Verdammt! Beim Neptun, was willst du von mir?«
Ein riesig großer Krake trat aus dem Schatten hervor, kam auf Knut zu und sah ihm tief in die Augen.
»Ich … ähm … ich möchte auch ein Flaschenpostbote sein.« Er steckte die Spitzen seiner acht Arme nach oben und wedelte mit ihnen hin und her. »Ich habe ganz viele Arme und kann damit sehr viel Post auf einmal tragen. Ich könnte dir eine große Hilfe sein.«
Knut besah sich den Kraken von oben bis unten, rief sich mit der Hand über das Kinn und strich sich ausgiebig über seinen Bart, bevor er antwortete.
»Tatsächlich kann ich gerade heute deine Hilfe gut gebrauchen, es stehen nämlich im Postamt noch jede Menge Taschen. Die werden wir gleich mal holen.«
Er kleidete seinen neuen Helfer ein, gab ihm eine Schirmmütze für den Kopf und ein Schild des Flaschenpostamts, bevor sie gemeinsam auf Tour gingen.

Die Kinder der Grundschule sahen Knut mit großen Augen an. Einen Kraken bei der Flaschenpost hatten sie noch nie gesehen.
»Ihr könnt mir glauben, alles was ich erlebt habe, ist wahr. Und mein neuer Kollege macht sich bei der Arbeit richtig gut.«
Knut winkte noch einmal zum Abschied, machte sich wieder auf den Weg, während sich ein riesiger Krake zu ihm gesellte.

(c) 2021, Marco Wittler


Bild: Nik Karlov auf Pixabay

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