1079. Badetag oder „Papa, warum fallen Sterne vom Himmel?“ (Papa erklärt die Welt 48)

Badezeit
oder »Papa, warum fallen Sterne vom Himmel?«

Es war eine warme Sommernacht. Der Himmel war wolkenlos und unzählige Grillen zirpten in ihren Verstecken ein gemeinsames Lied. Während Papa über dem Lagerfeuer Stockbrot backte, lag Sofie neben ihm und sah zu den Sternen hinauf.
»Ist das nicht schön?«, schwärmte sie immer wieder.
Plötzlich löste sich einer von ihnen und stürzte, einen langen Schweif hinter sich her ziehend, zur Erde herab.
»Was war denn das?«
»Das war eine Sternschnuppe. Wenn man ganz viel Glück hat, kann man sie vom Himmel fallen sehen. Das passiert ab und zu, zu manchen Jahreszeiten sogar öfter.«
Sofie dachte nach. In ihrem Kopf bildete sich deine Frage, deren Antwort sie brennend interessierte.
»Papa, warum fallen Sterne vom Himmel? Ist es ihnen dort oben zu langweilig oder hat das einen anderen Grund?«
Papa kratzte sich am Kinn und überlegte.
»Das ist eine sehr gute Frage.«, antwortete er schließlich. »Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die ich erst kürzlich gehört habe. Sie handelt von abstürzenden Sternen. Die werde ich dir jetzt erzählen.«
Sofie strahlte über das ganze Gesicht.
»Oh ja, eine Geschichte.«
»Und wie fängt eine Geschichte immer an?«, fragte Papa.
Sofie lachte schon voller Vorfreude und antwortete: »Ich weiß es. Sie beginnt mit den Worten ‚Es war einmal’.«
»Ja, das stimmt. Absolut richtig. Also, es war einmal …«

Es waren einmal ein paar Sterne, die jeden Abend aus ihren Betten gekrochen, ihre Decken ausschüttelten, säuberlich falteten und zur Arbeit am Himmelszelt hinauf kletterten. Neben dem fahlen Licht des Monds, schalteten sie nacheinander ihre kleinen Lampen an und beleuchteten ein wenig die Erde unter sich. So war es schon immer gewesen und so sollte es auch immer weiter gehen.
Doch eines Nachts wurde es den Sternen zu langweilig. Sie hingen ohne Pause am dunklen Firmament, hatten nie Pause, keinen Urlaub und auch an den Wochenenden niemals frei. Es gab keine Abwechslung.
Immer wieder sahen sie sich um. Sie suchten nach einer Beschäftigung. Davon gab es im sonst so leeren natürlich nicht. Also suchten sie unter sich auf der Erdoberfläche und entdeckten dabei den weiten Ozean.
»Ich würde so gern schwimmen gehen.«, sagte sich der erste Stern, grinste breit, löste sich von seinem Platz und stürzte sich in die Fluten. Dabei zog er einen langen, hellen Schweif hinter sich her.
Die anderen Sterne konnten ihn laut jubeln hören, trauten sich aber nicht, ihm zu folgen. Dennoch hatte sich die Idee, sich einfach fallen zu lassen, in ihren Köpfen verankert. Sie brauchten nur etwas länger, um sie in die Tat umzusetzen.

»Und deswegen gibt es Sternschnuppen?«, fragte Sofie ungläubig.
Papa nickte. »Seit dieser Nacht stürzt sich immer mal wieder einer von ihnen in den Ozean, um dort schwimmen zu gehen.«
»Das war eine sehr schöne Geschichte.«, sagte Sofie.
Papa war zufrieden als er das hörte. Doch dann fiel seiner Tochter noch etwas ein.
»Aber ich glaube dir trotzdem kein einziges Wort davon.«
Sie blickte noch immer zum Himmel hinauf und hoffte, noch einen weiteren Stern in den Ozean stürzen zu sehen.

(c) 2021, Marco Wittler


Bild: OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*