1097. Ist er einer von uns? (Mann und Manni 40)

Ist er einer von uns?

Ich hatte es mir auf dem Sofa gemütlich gemacht. Na gut, von gemütlich konnte keine Rede sein, denn als stattlicher Kater, der ich nun einmal war, brauchte ich Platz, sehr viel Platz. Der Wurde aber bereits eingenommen von meinem Bruder Lord Schweinenase und dem gepunkteten Bengalen. Dazwischen quetschte sich dann auch noch die Mini-Mietze. Für mich war dann nicht mehr die Möglichkeit, meine Beine lang auszustrecken. Ich hatte mich also den Umständen ergeben und mich irgendwie dazu gesellt.
Während wir da so lagen und vor uns hin dösten, kam mir plötzlich ein Gedanke. Was machte der Bengale bei uns? Dieses Zitterpaket, dieser Angsthase verbrachte niemals seine Zeit so entspannt in unserer Nähe. Dafür war er viel zu ängstlich und lag lieber in einer dunklen Ecke. Was ging hier vor?
Ich drehte mich zu ihm um, gab ihm einen leichten Tritt mit meiner Hinterpfote und glühte ihn mit meinen Augen gefährlich an. Wer bist du? Diese Frage brannte mir auf der Seele. Hatten wir es etwa mit einem Doppelgänger zu tun? War es vielleicht ein Doppelagent in Maskerade, der meinen Mitbewohner ersetzt hatte?
Ich richtete mich auf, machte mich bereit, in einen Kampf zu gehen, da sprang mein Gegenüber plötzlich auf und verschwand in einer Schlafhöhle unseres Kratzbaums.
Hatte ich es doch gewusst. Mein Bauchgefühl ließ mich nie im Stich. Ich sprang ihm nach, machte mich bereit, ihn zu stellen und zu überführen. Schon gesellten sich meine Gefährten zu mir. Lord Schweinenase stand rechts von mir, die Mini-Mietze machte sich auf meiner Linken zum Absprung bereit.
Ich befahl dem vermeintlichen Doppelgänger, heraus zu kommen. Dieser ließ sich nicht lange bitten und kam aus dem Schatten hervor.
Ich erschrak. Bei dem Kater, der auf mich zu kam, handelte es sich nicht um den Bengalen, auch nicht um einen Fremden. Vor uns stand einer, der sich in Umhang und Augenmaske gekleidet hatte. Es war Shadow Cat, der Kater, der uns schon so manches Mal aus der Klemme geholfen hatte, von dem niemand wusste, wer sich hinter seiner Maskerade befand.
»Es ist alles in bester Ordnung.«, wisperte er. »Der Bengale versucht nur, seine Angst in den Griff zu bekommen und Teil des Rudels zu sein. Gib ihm eine Chance.«
Shadow Cat verneigte sich und verschwand wieder im Schatten der Höhle, aus der nur Sekunden später der Bengale wieder zum Vorschein kam und es sich wieder auf dem Sofa gemütlich machte.

(c) 2021, Marco Wittler


Image by Natalia Lavrinenko from Pixabay

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