1106. Wir deckten seine Pläne auf (Mann und Manni 46)

Wir deckten seine Pläne auf

Es war tiefste Nacht. Draußen war es wegen eines bevorstehenden Gewitters unerträglich warm und schwül. Es regten sich weder Winde, noch irgendwelche Tiere auf der anderen Seite des Fensters. Selbst die sonst so lauten Grillen zirpten nicht mehr. Sie hatten wohl berechtigte Angst, in ihrem eigenen Schweiß ertrinken zu können. Mir selbst erging es natürlich nicht besser. Auch stattliche Kater, wie ich es einer war, konnten in solchen Nächten nicht einfach aus dem eigenen Fell schlüpfen.
Ich wälzte mich auf meinem Kratzbaum hin und her und versuchte, irgendwie in den Schlaf zu finden. Es sollte mir aber nicht gelingen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als völlig übermüdet in die Dunkelheit zu starren und mir den kühleren Herbst herbei zu wünschen.
Während ich so da lag und meinen Gedanken nachhing, flammte plötzlich im Arbeitszimmer des Mannes Licht auf. Irgendwer war dort mit einer Taschenlampe unterwegs. Einbrecher. Mein Körper pumpte sich sofort mit Adrenalin voll. Ich musste etwas unternehmen.
Vorsichtig kletterte ich leise hinab, weckte meinen Bruder Lord Schweinenase, die Mini-Mietze und den ängstlichen Bengalen. Mittels Pfotenzeichen gab ich meinen drei Mitbewohnern Anweisungen. Jeder sollte genau wissen, wo er sich befinden und wie er sich verhalten sollte. Ich wollte möglichst schnell und mit wenig Verlusten zuschlagen und größeren Schaden vermeiden.
Es piepte. Jemand hatte den Computer eingeschaltet. Hatten wir es etwa mit einem Hacker zu tun, der wichtige Daten klauen wollte? Mir wurde nur eines klar: Wir durften nicht länger warten. Wir mussten sofort eingreifen.

Ich schickte die Mini-Mietze vor. Sie trat gegen die Tür, die mit Wucht aufstieß und gegen die Wand knallte. Lord Schweinenase stürmte vor, sprang auf den Schreibtisch und hieb dem Verbrecher mit seinen Krallen ins Gesicht, was wiederum der Mini-Mietze nicht gefiel. Sie hätte sich gern über den Einbrecher her gemacht und ihn in Fetzen gerissen.
»Autsch! Verdammt nochmal!«, schrie der überraschte Mann.
Moment mal. Diese Stimme kam mir irgendwie bekannt vor. Ja, natürlich. Das da war nicht irgendein Mann, es war unser Mann.
»Manni! Lord Schweinenase! Mini-Mietze!«, schimpfte er mit uns und sah sich noch nach dem fehlenden Bengalen um, der sich wohl aus der für ihn gefährlichen Situation heraus halten wollte.
»Ihr stört mich und habt gerade meine Überraschungspläne kaputt gemacht.«
Eine Überraschung? Ich warf einen Blick auf den Bildschirm und ärgerte mich ein weiteres Mal, dass ich bis heute nicht das Lesen gelernt hatte.
»Ich wollte gerade einen spontanen Urlaub für uns alle buchen. Aber jetzt wisst ihr alle schon Bescheid.«
Er klappte den Laptop zu, hielt sich die schmerzende Wange und verzog sich ins Bad. Ich hingegen scheuchte die anderen Mietzen zurück in ihre Körbchen und freute mich bereits über den baldigen Beginn unseres Urlaubs.

(c) 2021, Marco Wittler


Image by Shafin Al Asad Protic from Pixabay

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