1109. Ich und der Teufel (Mann und Manni 49)

Ich und der Teufel

In den vier Wänden unseres mobilen Heims fühlte ich mich sicher. Schnell waren die Erlebnisse des letzten Abends mit dem Geist in der alten Burgruine vergessen und würden in meinen Erinnerungen schon bald zu einem lächerlichen Schauermärchen werden, dass ich selbst nicht mehr als real ansehen würde. Doch bis dahin sollten wir während unserer Tour mit dem Wohnmobil noch einige interessante Ziele angesteuert haben. Das Nächste hieß Schottland und war mehr oder weniger um die Ecke. Das behauptete jedenfalls der Mann, der das Navigationsgerät programmiert hatte. In Wahrheit brauchten wir von England trotzdem noch ein paar Stunden.
Mit bestem Blick auf die Highlands, dem atemberaubenden Gebirge in Schottland, hielten wir auf einem kleinen Parkplatz abseits bewohnter Gebiete. Um uns herum gab es nur Wiesen, Wälder und abgeerntete Felder, auf denen sich noch einige Heuballen befanden.
»Das ist der richtige Platz.«, sagte der Mann müde und kroch hinter dem Steuer hervor. »Hier verbringen wir die Nacht. Ich bin zu müde, um noch einen einzigen Kilometer zu fahren. Aber einen Spaziergang mit frischer Luft gönne ich mir noch. Kommt jemand mit?«
Die Frau, die schon seit Stunden nach Bewegung gierte, hatte sofort ihre Schuhe angezogen. Ich schüttelte den Kopf und legte mich demonstrativ quer über meinen Schlafplatz. Mich sollten hier keine zehn Pferde weg bekommen. Meine haarigen WG-Mitbewohner teilten meine Meinung. Die Menschen gingen also allein nach draußen.
Mit der Zeit verging auch diese. Aus anfänglichen Minuten wurde schnell eine Stunde und dann eine weitere. Langsam machte ich mir Sorgen um Mann und Frau. Immerhin brauchten wir sie, um hier irgendwie wieder fort zu kommen. Ich war zwar in der Theorie mit der Bedienung eines Fahrzeug vertraut, hatte aber definitiv zu kurze Beine, um an die Pedale zu kommen. Ich entschloss mich also, nach den beiden zu suchen.
Ich verließ das Wohnmobil. Im ersten Augenblick musste ich mich an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen, denn die Sonne war mittlerweile untergegangen. Nur noch die letzten Reste der Dämmerung spendeten ein spärliches Licht.
Ich ging in die selbe Richtung, in der die Menschen verschwunden waren und sah schon bald in der Ferne jemanden auf mich zukommen. Waren sie das?
Ich lief darauf zu, blieb aber nach wenigen Metern erschrocken stehen. Die Person mit gegenüber war groß, schlank und schien Hörner auf dem Kopf zu tragen. Es war der leibhaftige Teufel. Er schien aus der Hölle aufgefahren zu sein, um mich zu holen.
Ich bekam Panik. So schnell wollte ich mich nicht einfangen lassen. Ich rannte, so schnell es mein nicht trainierter Körper zuließ, auf das Wohnmobil zu, kratze wie von Sinnen an der Tür. Mein Verfolger kam immer näher und teilte sich plötzlich in zwei Personen auf. Es waren der Mann und die Frau, die wohl hintereinander gegangen waren.
»Schau mal Manni.«, rief er mich stolz. »Ich habe auf einer Weide eine alte Heugabel gefunden. Ist das nicht cool? Die kommt nach unserem Urlaub als Dekoration an die Wand im Flur.
Ich sah den Mann böse an. Sein Verhalten war nicht witzig gewesen. Ich wollte nur noch auf meinen Kratzbaum.

(c) 2021, Marco Wittler


Image by Jazella from Pixabay

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*