1152. Der letzte Zombie blieb zurück

Der letzte Zombie blieb zurück

Mit dem Einbruch der Nacht hörte man auf dem Friedhof am Stadtrand schabende, kratzende und grabende Geräusche. Sie schienen aus allen Richtungen zu kommen. Fast zeitgleich schossen halb verweste Hände und Arme daraus hervor. Sie stützten sich auf dem lockeren Erdreich ab und drückten sich hoch. Die Körper folgten und kletterten ins Freie. Eine kaum überschaubare Gruppe Zombies torkelte Minuten später die schmalen und die breiten Wege entlang. Leises Stöhnen ließ ihre Anwesenheit auch aus einiger Entfernung erahnen. Nun war es für die Sterblichen an der Zeit, sich in Sicherheit zu bringen.
Manch Zombie humpelte schwerfällig zum Ausgang, andere verloren unterwegs einen Körperteil und krochen deshalb am Boden weiter. Sie alle einte aber ein gemeinsamer Trieb: unstillbarer Hunger.
Ein einziger Zombie jedoch blieb nur wenige Meter von seinem Grab entfernt stehen und bewegte sich keinen Zentimeter. Sein eh schon lebloser Blick wirkte wie tot. Sein trockener Mund stand weit auf.
Ein Zweiter kam an ihm vorbei, blickte ihn an und blieb stehen. »Was ist los? Geh weiter!«
Der erste Zombie deutete auf seinen Kopf. »Leer!«
Er hatte in seinem Grab sein Gehirn vergessen und wusste nun nicht mehr, was er machen sollte.
Sein Artgenossen nickte, holte sein eigenes Gehirn hervor, teilte es in zwei gleichgroße Teile und gab ihm eine Hälfte ab. Kurz darauf schlurften sie gemeinsam zum Ausgang und suchten sich etwas, um den unstillbaren Hunger zu befriedigen.

(c) 2021, Marco Wittler

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