1161. Showdown in der Gruft

Showdown in der Gruft

Die harte Arbeit der letzten Jahrzehnte hatte sich endlich bezahlt gemacht. Die Studien in den Bibliotheken Europas waren endlich beendet. Der alte Professor hatte in mühseliger Kleinarbeit das Versteck des seines größten Widersachers ausfindig machen können. In einer unscheinbaren Gruft auf dem einem kleinen Friedhof wollte er ihn stellen und zur Strecke bringen.
In seiner alten, speckigen Ledertasche steckten, neben seinen Aufzeichnungen, eine Pistole mit Silberkugeln, ein Holzpflock, den er bei Vollmond geschlagen hatte und eine Phiole mit Weihwasser, das er in der Paulskirche im Vatikan abgefüllt hatte. Eine Kette aus Knoblauchknollen, die er um den Hals trug, rundete die Ausrüstung ab.
»An diesem Ort wird meine Suche zum Erfolg werden.« Er war sich siegessicher. Er würde es endlich zu einem Ende bringen.
Der Professor legte seine zittrige Hand auf die Türklinke des eisernen Eingangstors, drückte diese hinunter und öffnete den Zugang zur Gruft. Eine steinerne Treppe führte über wenige Stufen in die Tiefe und endete in einem Raum, an dessen Wände mehrere Vertiefungen im fahlen Kerzenschein zu erkennen waren. In jeder von ihnen stand ein verstaubter Sarg, an denen schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht gerüttelt worden war. Sie waren über und über mit Staub bedeckt.
Und dann fiel der Blick des Professors auf einen Sessel in der Mitte. Die Person, die darin Platz genommen hatte, drehte dem Eingang den Rücken zu.
»Es hat lange gedauert, bis sie mein Versteck ausfindig gemacht haben, Professor. Bisher sind wir uns immer nur auf offener Straße begegnet, haben in Burgen, Schlössern und Herrenhäusern gegeneinander gekämpft. Aber nun sind sie in mein Allerheiligstes vorgedrungen. Ich gratuliere ihnen zu ihrem Triumph. Es wird also hier und jetzt zu Ende gehen.«
Der Professor schluckte schwer. Er war tatsächlich am Ziel seiner langen Suche.
»Drehen sie sich um. Ich will ihnen in die Augen sehen, wenn ich sie aus dieser Welt schaffe.«
Es vergingen ein paar Sekunden im völliger Stille. Dann drehte sich der Sessel langsam um. Der Vampir starrte den Professor nun direkt an.
Er begann zu grinsen und zeigte auf das Tier, dass auf seinem Schoß lag. »Schauen sie mal hier, Professor. Meine Katze ist so süß. Wollen sie sie mal streicheln? Sie schnurrt dann immer so toll.«
Der Professor lachte, kam näher und streichelte dem Tier über das weiche Fell. »Und wie geht es nun weiter, alter Freund?«
Der Vampir dachte kurz nach. Ich glaube, wir drehen den Spieß um. Ich werde nun sie in ihrem Versteck suchen. Ich bin schon sehr gespannt, wie lange es dauern wird.«
Der Professor nickte, streckte seine Hand aus und schlug damit auf die Schulter des Vampirs. »Sie sind dran!« Er lachte und rannte aus der Gruft.

(c) 2021, Marco Wittler


Image by Eric Perlin from Pixabay

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*