Erinnerungen an Opa
Paul konnte nicht schlafen. Schon seit Stunden versuchte er den Weg ins Traumland zu finden. Aber es gelang ihm einfach nicht. Er musste ständig an Opa denken, den er schon so lange vermisste, der schon so lange nicht mehr da war.
Irgendwann hielt er es im Bett nicht mehr aus. Er stand auf, zog sich seine Hausschuhe an die Füße und schlich sich aus seinem Zimmer. Auf leisen Sohlen ging des durch den Flur, am Schlafzimmer vorbei, die Treppe hinab und in den Keller. In einem der Räume waren viele Pappkartons gestapelt, die Papa eigentlich schon lange entsorgen wollte, es aber nicht geschafft oder nicht über sein Herz gebracht hatte. Darin lagerten alle Dinge, die Opa ihnen hinterlassen hatte.
Paul öffnete eine Kiste nach der anderen, wühlte in den viele Erinnerungen und hielt immer wieder inne, wenn er etwas Besonderes in Händen hielt. Das, wonach er aber suchte, tauchte aber erst im letzten Karton auf. Mit zittrigen Händen hob er eine goldfarbene Taschenuhr hoch.
Er seufzte erleichtert. Das war es, was ihn am meisten mit Opa verbannt und woran die meisten Erinnerungen hingen. Paul steckte sie ein und schlich zurück in sein Zimmer. Dort wartete bereits Papa, der auf der Bettkante saß.
»Warst du im Keller und hast Opas Kisten durchsucht?«
Schuldbewusst nickte Paul und ließ den Kopf sinken. Er holte die Uhr hervor und zeigte sie Papa. Die habe ich immer ticken gehört, wenn ich mich zum Einschlafen in seinen Arm gekuschelt habe.«
Papa winkte seinen Sohn zu sich. »Komm, wir legen uns zusammen schlafen.« Er nahm Paul in den Arm, zog die Taschenuhr auf und legte sie zwischen ihren Köpfen auf das Kissen. »Mir hat das Ticken auch immer beim Einschlafen geholfen.«
Ein paar Minuten später hatten sie gemeinsam den Weg ins Traumland gefunden und erinnerten sich an die schönen Zeiten mit Opa.
(c) 2022, Marco Wittler
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