Ich glaub, mir fehlt ein O
Es war tief in der Nacht, als Oli wach wurde. War da etwas gewesen? Er war der Meinung, ein Geräusch gehört zu haben, war sich aber nicht mehr so richtig sicher. Es hätte auch gut ein Teil seines Traums sein können.
Mit angehaltenem Atem lauschte er in die Dunkelheit hinein. Doch da war nichts mehr. Oli hatte sich wohl doch nur getäuscht. Erleichtert ließ er die Luft wieder aus seinen Wangen raus.
Jetzt hätte er eigentlich wieder einschlafen können. Doch nun quälte ihn ein ganz anderes Gefühl. Der Duft, der aus der Küche kam und ihn an das Abendessen erinnerte, ließ seinen Magen knurren. Oli bekam Hunger. Also schlug er die dicke Decke zur Seite, zog sich den warmen Bademantel über seinen Schlafanzug, die Hausschuhe an die Füße und machte sich auf den Weg. Er freute sich bereits auf ein leckeres -mlett mit Kräutern und Schinkenwürfeln.
Aber … was war denn das? Ein -mlett? Fehlte denn da nicht ein Buchstabe? -li wusste es nicht mehr. Er spürte einen Fehler in seinem Denken, sicher war er sich aber nicht. Und seit wann war sein Name -li? Da ging etwas sehr Seltsames in seinem Haus ab.
»Ist hier jemand?« -li sah sich um. Weiterhin war alles ruhig und still. Nichts regte sich. Aber vielleicht hielt sich hier jemand versteckt.
-li nahm die Eier aus dem Kühlschrank, gab sie in seine Pfanne und stellte diese auf den Herd. Aber da verging ihm bereits die Lust auf sein Nachtmahl. War ein -mlett überhaupt lecker, wenn da etwas fehlte? Was war es gleich?
Da fiel es -li wieder ein. Jemand hatte in seinem Alphabet geplündert und geräubert. Ihm fehlte ein ganzer Buchstabe.
»Ich weiß, dass du da bist … wieder einmal. Ich habe dir immer wieder gesagt, dass du in meinem Haus nichts zu suchen hast. Verschwinde und gib mir meinen Buchstaben zurück.«
Sekunden später ging die Tür des Küchenschranks quietschend auf. Der diebische Verbrecher, der sein Gesicht hinter einer Maske versteckte, kam heraus. Es war ein Waschbär, der angeblich in der Unnterwelt mit Buchstaben dunkle Geschäfte machte. »Verdammt!«, ärgerte er sich. »Wie findest du das jedes Mal heraus?«
-li streckte Hand aus. Der Waschbär verdrehte die Augen und seufzte. Aus dem Sack, der sich auf seinem Rücken befand, holte der das fehlende O heraus und gab es Oli, der erleichtert aufatmete. Jetzt hatte er auch wieder Lust auf sein leckeres Omelett.
»Beim nächsten Mal klaue ich dir dein Y. Das ist eh viel mehr wert und du wirst es nicht so schnell vermissen.«
(c) 2022, Marco Wittler
Diese Geschichte wurde von einem Bild inspiriert, das von @Revilo_S13 stammt. Schau doch mal in seinem Twitter Profil vorbei, da ist noch mehr zu entdecken. Folgen lohnt sich auch.
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