1280. Die Flaschenpost

Die Flaschenpost

An einem wunderschönen Sommertag saß Lena am Strand. Sie hatte die Füße im Sand vergraben, ließ sich von der warmen Sonne verwöhnen und genoss mit geschlossenen Augen das Rauschen des Meeres. Dieser Augenblick hätte nie enden müssen, wenn es nach Lena gegangen wäre, aber irgendwann stieß etwas gegen ihren Knöcheln, während sanfte Wellen diesen umspielten.
Erschrocken zog sie ihre Beine an und die Augen auf. Aber statt eines Füße fressenden Seemonsters, lag vor ihr eine alte Glasflasche, die von mehreren Seepocken und Algen als Heimat auserkoren worden war.

»Nanu? Was ist denn das?« Lena nahm die Flasche in die Hand und hielt sie gegen die Sonne. In Innern lag ein alter, vergilbter Zettel, der von einer Schnur umgeben war. »Fantastisch. Das ist ja eine Flaschenpost.«
Sofort kreisten Lenas Gedanken. War das eine alte Piratenkarte, die zu einem Schatz führte oder vielleicht der letzte, verzweifelte Versuch, von einer einsamen Insel gerettet zu werden? Sie musste das Rätsel lüften und zog den Korken aus der Öffnung.
Mit vor Aufregung zitternden Händen holte Lena das Papier heraus und entrollte es. Es war tatsächlich ein Brief. Inzwischen waren ihre Freunde, die bis gerade eben noch im Meer gespielt hatten, auf den Fund aufmerksam geworden und umringten sie.
»Nun lies doch endlich vor, was darauf steht.« Und Lena begann zu lesen.

»Ich weiß nicht, wie lange diese Flasche brauchen wird, um das Meer von dieser einsamen Insel bis zum Festland zu überqueren. Ich weiß auch nicht, wer meine Nachricht finden wird. Aber ich möchte dir mitteilen, dass es mir nach meinem Schiffbruch richtig gut geht und mir nichts Besseres passieren konnte. Also kommt bloß nicht auf die Idee, mich zu suchen und zu retten. Aus diesem Paradies kriegen mich keine zehn Pferde wieder weg.«

(c) 2022, Marco Wittler

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