Geräusche in der Dunkelheit
Rike war hundemüde, als sie am Abend nach Hause kam. Der Tag in ihrem Büro, das sie zugleich als Kunstatelier benutzte, war anstrengend gewesen. Während sie den Schlüssel in das Schloss der Wohnungstür steckte und drehte, gähnte sie so laut mit weit aufgerissenem Mund, dass sich dicke Tränen aus den Augen drückten, die langsam an den Wangen herab liefen.
Sie öffnete die Tür und trat ein. Alles war Dunkel. Seltsam. Sollte nicht normalerweise eine kleine Lampe im Wohnzimmer etwas Licht spenden? Rike drückte mehrmals auf den Schalter neben sich. Die Deckenlampe verweigerte strickt ihren Dienst.
»Verdammt! Entweder Stromausfall oder die Birne ist durch.«
Vorsichtig tastete sich Rike durch den Flur bis zum Wohnzimmer. Aber auch hier gab es nur Dunkelheit, die sich nicht vertreiben lassen wollte. Es konnte nur der Stromausfall sein. Sie tastete sich durch den Raum. Im Schrank gegenüber mussten noch ein paar Kerzen und Streichhölzer zu finden sein.
»Was war das?« Sie sah sich hektisch um, versuchte etwas erspähen zu können. Da war eindeutig ein Geräusch gewesen.
»Ist da jemand?« Keine Antwort. Rike verengte ihre Augen zu Schlitzen. Da hatte sich doch etwas bewegt. War da ein Geist? Sie wich ein paar Schritte zurück, bis sie gegen etwas stieß. Hinter ihr stand ein weiches, plüschiges Etwas. Sie drehte sich um, erkannte den dunklen Schatten eines .. ja was? Eines Monsters?
Sie wollte schreien, aber es kam kein einziger Ton aus ihrer Kehle. »Ich muss hier raus! Schnell ging sie zurück zum Flur, erkannte dabei immer mehr gruselige Wesen, die nur auf sie lauerten.
Und dann flammte das Licht auf. Rike blieb stehen, hielt sich die Hände vor die Augen, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatte. Dann sah sie sich ängstlich um. Im Wohnzimmer standen mindestens zwanzig Personen, ihre Freunde. Sie hatten sich die Mühe gemacht und sich verkleidet. Jeder von ihnen trug ein Kostüm, das einer von Rikes Figuren ähnelte, die sie oder ihre Freunde so gern zeichneten und malten. Da waren Geister, Monster in allen möglichen Farben und Hexen.
»Überraschung! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«
Rike lachte. »Ihr seid mir ja eine freche Bande, mich so zu erschrecken.« Sie setzte sich zu ihren Freunden, ließ sich etwas zu trinken geben und stieß auf ihren Geburtstag an.
(c) 2022, Marco Wittler
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