Santa macht mal Pause
Santa Claus hatte den letzten Rundgang durch die Werkstätten der Weihnachtswichtel beendet. Mit allem, was er gesehen hatte, konnte er mehr als zufrieden sein. Alles sah nach einem besonders perfekten Weihnachtsfest aus. »Jetzt brauche ich nur noch meine Flugroute, damit es losgehen kann.«
Santa verließ das große Gebäude, stapfte durch den tiefen Schnee, konnte sich aber nicht wie sonst am Tanz der vielen Schneeflocken erfreuen. Stattdessen rieb er sich über die müden Augen, bevor er sein Büro betrat.
Kaum stand er seiner Frau gegenüber, strahlte sein Gesicht. Die Anstrengungen der letzten Wochen und Monate versteckte er hinter einem breiten Lächeln. »Ho, ho, ho, meine liebe Frau.«, begrüßte er sie. »Ist alles bereit? Ich habe gesehen, dass die Rentiere schon den Schlitten vorbereitet haben. Hast du den Flugplan erstellt?«
Misses Santa sah ihren Mann besorgt an. »Du brauchst mal eine Pause. Du lächelst zwar wie eh und je, aber deine Augen können deine Erschöpfung nicht verbergen.«
Santa Claus schüttelte abwehrend den Kopf und hob die Hände. »Wer ist hier erschöpft? Ich? Auf keinen Fall. Es ist Weihnachten. Ich bin auf dem Höhepunkt meiner Kraft.« Doch dann sackten seine Schultern herab. Das Lächeln verschwand. »Ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Ich mache diesen Job schon so lange. Jedes Jahr zwölf Monate Vorbereitung und danach auf der ganzen Welt Geschenke verteilen. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich zuletzt Urlaub gemacht habe. Es muss Jahrhunderte her sein.«
Misses Santa nahm ihn an der Hand, zog ihn ins nahe Wohnzimmer und drückte ihn sanft in seinen Lieblingssessel. »Mein lieber Mann, du brauchst ganz dringend eine Pause.«
»Aber es ist Weihnachten!« Santa sprang auf, wollte sich an ihr vorbeischieben. Doch dann ließ er sich kraftlos zurückfallen. »Aber es ist Weihnachten.«, konnte er nur noch flüstern.
»Es ist schon für alles gesorgt. Dein persönlicher Assistent, der oberste aller Weihnachtswichtel weiß Bescheid. Er wird dieses Jahr an deiner Stelle um die Welt reisen.«
»Aber es ist doch Weihnachten.«
»Nichts da! Santa macht eine Pause! Du bleibst hier und ich koche dir etwas Feines zum essen.«
Eine Stunde später stand Misses Santa mit zwei Tellern vor ihm. Feinstes Gemüse lag neben dampfenden Kartoffeln. »Mahlzeit, mein Lieber Mann.«
»Aber es ist doch Weihnachten.« Noch immer saß er dort im Sessel, hatte sich die ganze Zeit nicht von seinem Platz wegbewegt.
»Iss erstmal was. Danach geht es dir bestimmt besser.«
»Aber es ist doch Weihnachten.«
»Ja, ich weiß.« Sie seufzte. »Deine Pause war aber dringend nötig.«
»Aber es ist doch Weihnachten.«
Misses Santa stutzte. Warum bewegte er sich nicht? Warum stand er nicht auf? Warum wiederholte er immer wieder diesen einen Satz? Da stimmte etwas nicht. Sie stellte die Teller ab und machte einen Schritt auf Santa Claus zu. Sie wollte nach seiner Hand greifen, fuhr mit ihrer aber hindurch, wie durch Luft. Santa Claus begann zu flackern und verschwand.
»Er hat mir hereingelegt. Das war ein ganz einfaches Hologramm.«
In diesem Moment klingelte das Telefon. Misses Claus nahm den Hörer ab. »Ho, ho, ho, meine liebe Frau. Du hast meinen kleinen Schwindel wohl bemerkt. Tut mir leid, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Du weißt doch, wie wichtig mir das Weihnachtsfest und die Kinder sind.«
Misses Claus seufzte und nickte. »Aber beim nächsten Mal legst du mich nicht noch einmal herein. Und wenn du wieder da bist, machst du Urlaub. Versprochen?«
»Versprochen.«
»Du hast doch nicht deine Finger gekreuzt?«
Santa lachte. »Ich muss auflegen. Ich komme in ein Funkloch. Bis bald. Ich liebe dich.«
(c) 2024, Marco Wittler
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