1689. Moritz passt auf

Moritz passt auf

Moritz hatte schon lange auf diesen Tag gewartet. Endlich Sonne, endlich warme Temperaturen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem er es sich auf dem Dach der Gartenhütte gemütlich machen konnte, ohne dass es ihm am Hintern zu kalt wurde.
Als hätte es der schwarze Kater schon hunderte Male geübt, sprang er in einen dichten Busch, kletterte an den Ästen nach oben und von dort auf das Dach. Er suchte sich die beste Stelle aus, ließ sich nieder und streckte alle vier Beine aus. Von hier hatte er den besten Überblick auf den dichten Vogelflugverkehr und die langsameren Schnecken am Boden, die sich gerade im Gemüsebeet satt fraßen. »Lasst mir noch etwas von dem Grünzeug über. Ich möchte nachher auch noch daran knabbern.« Mit einem Grinsen drehte er sich auf den Rücken, um sich den Bauch von der Sonne bescheinen zu lassen.
Kurze Zeit später hatte ein neuer Bewohner des Gartens seinen Auftritt. Am Fuß der Hütte hatte jemand eine Holzkiste aufgestellt, an der sich gerade zwei Türen öffneten. Eine Maschine kam heraus und rollte direkt auf den Rasen. »Beep, Beep!«, machte sie, maß Länge und Breite des Rasens und stellte dabei auch gleich alle Hindernisse fest, die ihr ihm Weg standen. »Rasenmäherroboter Richie 2000 ist einsatzbereit.« Die Maschine setzte sich in Bewegung und bewegte sich in regelmäßigem Zickzack über die Wiese.
Moritz, der mittlerweile eingeschlafen war, wurde plötzlich durch einen lauten Schrei aus seinen Träumen gerissen. »Verdammt! Wer stört mich da? Ich habe gerade noch ein leckeres Salatblatt in den Pfoten gehalten.« Er musste kurz grinsen. Dass er Gemüse liebte, wollte ihm noch immer keine andere Katze glauben. Schnell wurde er wieder ernst, richtete sich auf und blickte nach unten, wo Richie 2000 eine Amsel aus ihrem Nest jagte, dass sich in einem niedrigen Busch befand.
»Oh man, was passiert denn da? Warum hilft denn niemand den armen Vögeln? Die Maschine darf das nicht.« Moritz klopfte sich mit einer Pfote auf die Brust, auf der sich im schwarzen Fell ein paar weiße Haare befanden, die man deutlich sehen konnte. »Na klar, ich muss mich darum kümmern. Ich trage einen Sheriffstern, also kann ich auch für Ordnung sorgen.«
Der Kater sah sich entschlossen um. Nur einen Katzensprung entfernt stand eine Kiefer, aus der er sich mehrere Zapfen holte und damit den Roboter bewarf. »Lass gefälligst die Vögel in Ruhe. Die haben dir nichts getan.«
Richie 2000 hielt inne, bevor er sich langsam umdrehte. Seine Kameraaugen hatten sich zu bedrohlichen Schlitzen verengt, die rot zu glühen begannen. »Dich räume ich auch noch aus dem Weg, solltest du mir auf meiner Route im Weg stehen oder mich mit deinem Geschwätz aufhalten wollen.«
Moritz, der sich von dieser Drohung nicht beeindrucken ließ, warf weitere Zapfen auf seinen Gegner, der daraufhin unter lautem Aua Schutz in seiner Kiste suchte.
»Geht doch.« Sheriff Moritz hatte den Übeltäter verjagt. Im Garten herrschte wieder Frieden.
Es vergingen ein paar Stunden, in denen die Vögel an ihren Nestern bauten, ihren Nachwuchs mit Nahrung versorgten und an einer kleine Tränke ihren Durst stillten, bis lautes Gebrüll die Idylle zerstörte.
Der Rasenmäherroboter kam mit hoher Geschwindigkeit aus seiner Kiste geschossen und hielt unbarmherzig auf ein Rotkelchen zu, dass gerade versuchte, einen wehrhaften Wurm aus dem Boden zu ziehen. »Jetzt krieg ich euch dran. Mir entwischt niemand mehr.«
Richie 2000 hatte sich gut vorbereitet. Um sich vor den Tannenzapfen zu schützen, hatte er sich auf einem alten Blech einen Schutzschild gebaut, der seinen ganzen Körper umgab. Nun würden ihm die Attacken des Katers mit seinen Zapfen nichts mehr ausmachen. Er nahm den kleinen Vogel vor sich genau ins Visier, als ein heller Blitz aufleuchtete und lauter Donner ertönte.
Richie 2000 schrie panisch auf. Er sah sich um, konnte aber keine einzige Wolke am Himmel entdecken. »Wie? Was? Aber woher?« Erneut blitzte und donnerte es, dass es dem Roboter Angst und Bange wurde. Schnell machte er kehrt und verbarrikadierte er sich in seiner sicheren Kiste. Nur zu gut wusste er, dass sein Antriebsstrom einen Blitz anlocken konnte.
Moritz hingegen saß noch immer gemütlich auf der Hütte und dachte gar nichts daran, das Weite zu suchen. Stattdessen schaltete er eine Taschenlampe ein und aus und sah ein paar Krähen dabei zu, wie sie auf einem alten Blech auf und ab hüpften, dass es nur so donnerte.
»Solang ich hier der Sheriff bin, werde ich dafür sorgen, dass meine Vogelfreunde in Sicherheit sind und Richie 2000 in seiner Kiste bleibt.« Er kicherte leise vor sich hin und biss in ein knackiges Salatblatt, dass er sich wohlig schmecken ließ.

(c) 2025, Marco Wittler

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