257. Ein Außerirdischer im Tierheim (Tierheimgeschichten 7)

Ein Außerirdischer im Tierheim

Es war ein Tag wie jeder andere auch. Die Sonne war am Morgen aufgegangen, einzelne Wolken zogen über den Himmel hinweg und im Hof standen ein paar Schneemänner zusammen und wärmten sich gegenseitig.
Trotzdem musste es ein besonderer Tag sein, denn im Kalender war etwas eingetragen worden: »Rosenmontag« las Hund Rufus laut vor, während sich die anderen Tiere um ihn scharrten.
»Was ist denn ein Rosenmontag?« wollten die Katzen wissen.
Rufus richtete sich auf versuchte, klug auszusehen,
»Ist doch ganz klar.« begann er zu erklären. »Am Rosenmontag gehen die Menschen in die Gärten und pflücken Rosenblüten, um sich gegensetig damit zu beschenken.«
Eines der kleinen Katzenkinder, die auf der Fensterbank saßen, blickte nach draußen und schüttelte den Kopf.
»Es ist Winter. Die Rosen haben jetzt gar keine Blüten. Der Rosenbusch am Eingang ist jedenfalls kahl.«
Hätte Rufus kein dichtes Fell gehabt, wäre er jetzt ganz rot im Gesicht geworden.
»Ich hab mir nur versprochen.« redete er sich raus. »Am Rosenmontag werden natürlich neue Rosen gepflanzt. Jeder Mensch bringt einen neuen Busch mit und setzt ihn in die Erde. Das ist schon lange Tradition. Ihr werdet es heute selbst sehen.«
In diesem Moment kamen die Tierheimleiterin und ihre helfenden Hände. Es wurde Zeit, die Tiere zu füttern.
»Was ist denn jetzt los?« wunderten sich die Katzen und drückten sich ihre kleinen Nasen an den Fenstern platt.
Die Menschen sahen anders aus als sonst. Da waren Piraten, Cowboys, Prinzessinnen, Astronauten und mehr.
»Bist du sicher, dass man am Rosenmontag neue Rosen pflanzt?« wurde Rufus gefragt, der sich nun auch nicht mehr sicher war und einen neuen Blick auf den Kalender warf.
»Jetzt fällt es mir ein. Es ist Karneval. Die Menschen verkleiden sich dann jeden Tag und feiern von früh bis spät. Mein Opa hat mir mal erzählt, dass sie damit böse Geister und den Winter vertreiben wollen.«
Er lachte laut.
»So in Bödsinn. Die Menschen glaube echt an viele verrückte Sachen. Dabei weiß doch jedes Tierkind, dass man böse Geister nur mit lustigen Liedern vertreiben kann.«
Die Tür zu den Tierunterkünften öffnete sich. Es war Zeit für das Frühstück. Verkleidete Menschen kamen herein und brachten die Futternäpfe.
»Hilfe! Wir werden überfallen.« fürchteten sich die Katzenkinder, als sie Einbrecher und Piraten vor sich sahen.
Rufus musste grinsen. Er wusste genau, dass niemand Angst haben musste. Seine gute Spürnase hatte ihm schon längst gesagt, dass es sich um die selben Menschen handelte, die jeden Tag zu ihnen kamen. Nur ein einziger schien nicht hierher zu passen. Ein kleiner grauer Außerirdischer mit riesigem Kopf und großen, runden Augen stand dabei und sah sich alles ganz interessiert an. Immer wieder griff er zu einem kleinen Gerät und machte Bilder von den verschiedenen Tierarten.
Als schließlich der letzte Futternapf abgestellt worden war und die Menschen wieder nach draußen gegangen waren, stand nur noch der Außerirdische zwischen den Tieren.
»Unglaublich!« rief er begeistert. »Ich hätte niemals gedacht, dass es auf der Erde so viele verschiedene Lebewesen gibt. Nirgendwo im Universum habe ich das so erlebt. Euch geht es auf eurer Welt wirklich richtig gut. Das ist ein richtiges Paradies.«
Er hüpfte vor Freude auf und ab. Immer wieder machte er Bilder von den Tieren und streichelte sie.
Die Tiere sachen sich verwirrt an. Ein Außerirdischer? Im Tierheim? Ein echter Außerirdischer?
Sie fingen an laut zu lachen. So einen Blödsinn konnte man doch gar nicht glauben.
»Ein richtig tolles Kostüm.« lobte Rufus. »Aber die Geschichte dazu glauben wir dir trotzdem nicht.«
Der Außerirdische zuckte mit den Schultern. »Ich habe schon befürchtet, dass mir niemand glauben wird. Aber das ist schon in Ordnung. Ich habe auf eurer Erde ganz viel erlebt und davon werde nun meinem eigenen Volk berichten.«
Er winkte noch einmal zum Abschied und ging nach draußen.
»Ein Außerirdischer.« Rufus schüttelte lachend den Kopf. »Das war das beste Karnevalskostüm, dass ich je gesehen habe.«
In diesem Moment hörten die Tiere ein lautes Geräusch. Neugierig sahen sie durch die Fenster auf die Straße und entdeckten eine silberne Untertasse, die gerade startete. Innerhalb weniger Sekunden flog sie zum Himmel hinauf und verschwand zwischen den Wolken. Hätte Rufus kein Fell gehabt, wäre er nun ganz weiß im Gesicht geworden.
»Der … der …. der war echt.« stotterte er. »Das glaub ich einfach nicht.«

(c) 2014, Marco Wittler

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