Die glückliche, kleine Schwester
Der sechzehn Jahre alte Lukas stand am Gartentor und wartete auf seine Freundin. Sie hatten sich vorgenommen, auf der Terrasse die Schulaufgaben zu erledigen, denn das Wetter war viel zu schön, um im Haus zu sitzen.
In diesem Moment blieb ein Auto am Straßenrand stehen. Anja stieg aus und gab Lukas einen Kuss auf die Wange.
»Da bist du ja endlich, Schatz.«, begrüßte dieser seine Freundin.
»Bevor wir loslegen können, muss ich aber noch etwas erledigen. Wäre schön, wenn du einfach mitspielst.«
Anja machte ein verdutztes Gesicht. Sie wusste nicht, was nun geschehen würde, nickte aber trotzdem.
Sie gingen Hand in Hand über den Rasen zum Sandkasten, in dem bereits Lukas Schwester Merle spielte.
»Los, setzt euch. Ich fall sonst noch wegen Langeweile tot um.«, beschwerte sie sich.
»Meine Kuchenförmchen warten schon sooo lange darauf, endlich etwas machen zu können.«
Und schon griff das Mädchen in ihre Spielzeugkiste. Sie holte ein paar Förmchen hervor, in die sie bis zum Rand Sand füllte.
»Jetzt nur noch zum Backen in den Ofen.«
Knirschend öffnete Merle die Tür des Spielzeugofens und steckte die Förmchen hinein.
»Hey, kleine Schwester, hast du nicht etwas vergessen?«, fragte Lukas.
Da fiel es ihr auch schon ein.
»Du hast Recht. Ich muss noch Kakao holen.«
Schon flitzte sie ins Haus und verschwand für ein paar Minuten.
»So, jetzt muss ich mich auch beeilen.«
Lukas stand auf und ging zum Gartenhäuschen. Dort hatte er bereits eine große Dose versteckt gehalten, die er nun zum Sandkasten brachte.
»Ich habe gestern einen zweiten Karton mit Förmchen gekauft.«, erklärte er.
Dann öffnete er den Ofen und tauschte die Sandförmchen gegen welche aus, die mit richtigem Kuchen gefüllt waren.
»Merle wird Augen machen, wenn wir ihren Kuchen richtig essen.«
Nun verstand Anja endlich und grinste.
»Da bin ich schon wieder.«, war eine Mädchenstimme zu hören.
Merle brachte drei Tassen und eine große Packung Kakao mit.
»Jetzt können wir unsere Party anfangen. Der Kuchen ist bestimmt auch schon fertig.«
Sie verteilte Getränke und öffnete dann ihren Ofen.
»Ein Kuchen für Anja, ein Kuchen für Lukas und einer für mich.«
Während Merle wie gewohnt nur so tat, als würde sie essen, holte ihr großer Bruder seinen Kuchen aus dem Förmchen heraus und biss beherzt hinein.
»Mh, der ist ja unglaublich lecker. Ich wusste gar nicht, dass du so gut backen kannst, Schwesterchen.«
Auch Anja ließ es sich schmecken und konnte sich mit Komplimenten nicht zurück halten.
Nun wurde Merle misstrauisch. Vorsichtig schnupperte sie an ihrem Förmchen. Dann nahm sie den Kuchen heraus und probierte.
»Ich kann zaubern.«, rief sie überrascht und lachte vor Freude.
»Dann lass dir mal deinen Kuchen schmecken.«, empfahl Lukas.
»Wir beide müssen uns jetzt um unsere Hausaufgaben kümmern.«
(c) 2010, Marco Wittler
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