529. Die Weihnachtsbäckerei oder „Papa, warum leuchten die Wolken rot?“ (Papa erklärt die Welt 40)

Die Weihnachtsbäckerei
oder ‚Papa, warum leuchten die Wolken rot?‘

Papa und Sofie waren in der Stadt unterwegs. Sie hatten sich zu Hause eine lange Liste gemacht, wer welches Weihnachtsgeschenk bekommen sollte. Einen Teil davon hatte sie bereits gefunden und gekauft.
Mittlerweile war es aber schon später Nachmittag und die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden. Es wurde dunkel und die Wolken färbten sich rot.
»Ui, das sieht wunderschön aus.«, schwärmte Sofie und zeigte mit dem Finger zum Himmel hinauf.
»Los. Du musst dir das unbedingt anschauen.«
Papa blickte nach oben.
»Oh ja. Das schaut toll aus. So sieht der Himmel nur vor Weihnachten aus.«
Sofie bekam plötzlich einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. Papa wusste sofort, was das bedeutete.
»Papa, warum leuchten die Wolken rot?«, fragte Sie neugierig.
Papa kratzte sich am Kinn. Er dachte noch nach.
»Das ist eine sehr gute Frage. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die ich erst kürzlich gehört habe. Sie handelt zufällig vom roten Himmel. Und die werde ich dir jetzt bei einer heißen Tasse Schokolade erzählen.«
Sofie strahlte über das ganze Gesicht, während Papa sie an die Hand nahm und mit in ein warmes Café nahm.
»Oh ja, eine Geschichte.«
»Und wie fängt eine Geschichte immer an?«, fragte Papa.
Sofie lachte schon voller Vorfreude und antwortete: »Ich weiß es. Sie beginnt mit den Worten ›Es war einmal‹.«
»Ja, das stimmt. Absolut richtig. Also, es war einmal …«

Es war einmal eine kleine Gruppe fleißiger Engel, die im Himmel damit beschäftigt war, die Weihnachtsplätzchen für die vielen Menschenkinder zu backen.
Es war kurz vor Weihnachten und in einer der vielen  Weihnachtsbäckereien, die auf einer großen Wolke stand, lief die Arbeit auf Hochtouren. Auf der einen Seite der Bäckerei brachten einige Engel Mehl, Zucker, Nüsse, Schokolade und andere Zutaten herein. Im Gebäude selbst glühten die Öfen und spuckten tonnenweise frisch duftende Kekse aus. Auf der Rückseite wurden die Kekse in kleine Päckchen geschnürt und dann zur Erde gebracht.
Und dann waren da noch die drei kleinen Engel. Sie standen direkt vor den Öfen. Ihre Aufgabe war es, darauf zu achten, dass die Plätzchen nicht anbrannten.
Immer wieder machten sie die Türen der Öfen auf und wieder zu. Immer wieder schlug ihnen die starke Hitze entgegen. Die ganze Zeit schwitzten sie. Ständig mussten sie sich die Gesichter abwischen.
»Puh, dass es hier aber auch so heiß sein muss.«, waren sie verzweifelt.
Ein Fenster konnten sie auch nicht öffnen, denn im Backraum gab es keine. Es blieb ihnen nur die Möglichkeit, sich gegenseitig mit ein paar alten Zeitungen Luft zuzuwedeln. Doch auch das brachte nicht wirklich viel.
»Da muss es doch noch eine andere Lösung geben.«, überlegten sie und fanden auch schnell eine Anwort.
»Wir bauen die Öfen ab und stellen sie nach draußen. Dann haben wir immer frische Luft, die uns sanft um die Nasen weht.«
Das fanden die kleinen Engel gut. In der Nacht schlichen sie sich in die Bäckerei und setzten ihren Plan in die Tat um. Schon am nächsten Morgen standen die Öfen draußen auf der Wolke.
Am nächsten Morgen kamen dann auch die großen Engel zur Arbeit. Sie entdeckten sofort die Öfen und waren ganz schön sauer. Aber ändern ließ sich nun nichts mehr. Die Öfen waren für den restlichen Abend viel zu heiß, um in die Bäckerei getragen zu werden.
»Morgen bringt ihr sie wieder zurück an ihren Platz.«, wurde den kleinen Engeln aufgetragen, die nur widerwillig nickten.
Als es dann langsam dunkel wurde, konnte man das das rote Leuchten der heißen Öfen im ganzen Himmel sehen. Die weißen Wolken färbten sich rot und tauchten die Erde unter sich in ein warmes, freundliches Licht.
»Wahnsinn, wie schön das aussieht.«, waren nun kleine wie große Engel begeistert. »Wir sollten die Öfen unbedingt draußen stehen lassen und von nun an immer hier backen.«
Diese Idee sprach sich natürlich auch auf den anderen Wolken herum. Schon wenige Tage später stand kein einziger Ofen mehr in einer Weihnachtsbäckerei, sondern alle draußen.

»Und seitdem leuchtet der Himmel vor Weihnachten so rot?«, fragte Sofie erstaunt.
Papa nickte und grinste. »War doch eine tolle Idee von den drei kleinen Engel, meinst du nicht auch?«
Sofie strahlte über das ganze Gesicht.
»Auf jeden Fall. Und wenn ich den roten Himmel sehe, weiß ich, dass es zu Weihnachten genug Plätzchen für mich geben wird.«
Papa lachte und bezahlte die Rechnung. Als die beiden wieder draußen standen zog Sofie an seiner Jacke.
»Das war wirklich eine schöne Geschichte. Aber ich glaube dir davon kein einziges Wort.«
Und dann hüpfte sie den Gehweg entlang und sang das Lied ‚In der Weihnachtsbäckerei‘.

(c) 2015, Marco Wittler

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