741. Das Geheimnis der geraden Bananen

Das Geheimnis der geraden Bananen

Bill stand auf der Veranda seines großen Hauses und ließ seinen Blick über seine Farm schweifen. Egal in welche Richtung er sah, überall standen große Bananenstauden.
Die Bananen verkaufte Bill nicht nur in andere Länder, er aß sie auch selbst sehr gern in allen möglichen Varianten. Er mixte sie in seinen Joghurt, aß sie zum Müsli, auf einem Butterbrot mochte er sie sehr gern. Manchmal bekam er von seiner Frau auch einen schmackhaften Bananenkuchen.
Bill setzte sich auf sein altes, rostiges Fahrrad, das ihn noch nie im Stich gelassen hatte und machte sich auf den Weg, die Bananen anzuschauen. Es waren nur noch wenige Tage bis zur Ernte. Er wollte noch einmal überprüfen, ob seine Früchte den richtigen Reifegrad erreicht hatten.
Doch plötzlich bremste Bill scharf ab, sprang vom Rad und ließ es einfach auf den Boden fallen. Etwas stimmte mit seinen Bananen nicht. Jede einzelne Frucht war kerzengerade.
»Das kann doch gar nicht sein. Die sahen gestern noch normal aus.«, wunderte sich Bill, der Bananen nur krumm nach oben gewachsen kannte.
»Was ist denn hier passiert? So kann ich die Bananen aber nicht mehr verkaufen.«
Mühsam arbeitete er sich von einer Staude zur anderen und bog die Bananen wieder krumm. Erst am späten Abend, als es schon längst dunkel geworden war, kam Bill wieder nach Hause und fiel müde in sein Bett.

Am nächsten Morgen wollte Bill seinen Augen nicht trauen. Hatte er nicht erst am Vortag alle Bananen gekrümmt? Heute waren sie alle wieder gerade. Das konnte doch gar nicht sein.
Er seufzte laut, ließ die Schultern hängen und machte sich erneut an die Arbeit, seine Ernte zu krümmen.
Das gleiche Spiel wiederholte sich auch am dritten Tag.
Nachdem Bill schon wieder den ganzen Tag gearbeitet hatte, um die Bananen zu krümmen, war er so sauer, dass er sich vornahm, trotz seiner Müdigkeit, sich auf die Lauer zu legen.
Er setzte sich auf seiner Veranda in seinen Schaukelstuhl, legte sich eine warme Decke auf die Beine und schloss seine Augen. Er ließ nur noch einen ganz dünnen Schlitz offen, um seine Farm zu beobachten.
Kaum war der Mond aufgegangen, sah er, wie ein Schatten an den Bananenstauden entlang schlich. Bill wartete noch einen Augenblick, bis er sich sicher war, dass da tatsächlich jemand war.
Er griff zu seiner Taschenlampe, schaltete sie ein und wollte seinen Augen nicht glauben. Vor sich sah er eine Frau – seine Frau. Sie war gerade dabei, die Bananen gerade zu biegen.
»Was machst du denn da?«, fragte er sie.
Sie sah ihn entsetzt an, wurde rot im Gesicht und lächelte verlegen.
»Ähm … ja … also weißt du …«, begann sie zu erklären.
»Jetzt leben wir hier schon so lange auf unserer Farm und jedes Jahr sehe ich diese krummen Bananen und ärgere mich darüber, weil ich sie gerade viel schicker finde. Krumme Bananen mag ich nicht. Deswegen wollte ich sie dieses Jahr mal gerade biegen. Das gefällt mir einfach besser.«
Bill verdrehte die Augen. »Das kannst du doch nicht machen. Ich kann doch keine geraden Bananen verkaufen.«
Doch darauf war seine Frau schon vorbereitet.
»Ich habe al im Internet von unseren geraden Bananen berichtet. Die Leute sind auf der ganzen Welt davon begeistert und jeder will unser kurioses Obst essen. Die sind bereit, fast jeden Preis dafür zu bezahlen.«
Bill war überrascht. Damit hätte er nie im Leben gerechnet. Noch in der gleichen Nacht benachrichtigte er seine Erntehelfer. Die geraden Bananen mussten gepflückt und zum Verkauf gebracht werden.

(c) 2019, Marco Wittler

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