Neue Freunde
Es herrschten draußen milde Temperaturen. Die Flocken, die noch vor ein paar Stunden gefallen waren, hatten sich in dicke, schwere Regentropfen verwandelt, die nun dabei waren, die weiße Schneedecke Stück für Stück zu schmelzen und in den nächsten Bach zu spülen. Tauwetter hatte eingesetzt.
»Ist das schön warm.«, murmelte ein kleines Eichhörnchen, dass von diesem Wetterwechsel aufgeweckt wurde und Hunger bekam.
Es kletterte aus seinem warmen Bettchen, verließ sein Nest und kletterte am Baumstamm, auf dem es lebte, herab.
»Ich muss mir gleich etwas Futter suchen. Irgendwo hier in der Nähe habe ich doch ein paar Eicheln vergraben. Wenn ich doch bloß wüsste, wo genau.«
Es flitzte am Boden hin und her, schnupperte da und dort, konnte aber nichts finden.
»Verdammt!«, fluchte es laut durch den Wald. »Wenn ich doch bloß nicht so vergesslich wäre.«
Der Magen knurrte mittlerweile verdächtig laut und lockte ein paar Minuten später ein paar weitere Tiere an, die sich nur ein paar Bäume weiter aufgehalten hatten.
»Na, kleines Fellbüschel.«, begrüßte ein großer, grauer Wolf das Eichhörnchen. »Hunger?«
Da Eichhörnchen erschrak. Begegnungen mit Wolfzähnen waren in den seltensten Fällen gut, zumindest als kleines Nagetier. In diesem Moment wünschte es sich, ein großer Mensch zu sein, denn dem ging der Wolf in der Regel aus dem Weg.
»Wir sind auch auf der Suche nach Futter.«, sagte eine zweite Stimme.
Aus dem Schatten des Wolfs trat ein Fuchs hervor, der äußerst mitgenommen aussah. Man merkte den beiden an, dass sie seit Tagen nichts mehr gefressen hatten.
»Ich … ähm …«
Das Eichhörnchen stotterte und flitzte zurück auf den Baumstamm.
»Ich glaube, ich habe einen wichtigen Termin vergessen.«
Plötzlich begann der Wolf zu lächeln.
»Komm wieder runter, kleiner Freund. Es ist Weihnachten. Nichts liegt uns ferner, als dich zu fressen. Wir helfen dir gern bei der Suche nach deinen Nüssen und Eicheln, wenn du mit uns teilst. Wir sind ganz froh, wenn wir in diesen Tagen neue Freundschaften schließen können. Das Leben im Wald ist schon einsam genug für uns zwei. Außerdem sind wir viel zu hungrig, um irgendwen heute zu jagen.«
Das Eichhörnchen dachte kurz nach und nickte schließlich. Das Weihnachtsfest wollte es auch nur ungern allein verbringen, wenn es schon aufgewacht war.
Es kletterte also wieder herab und setzte sich auf den Rücken des Wolfs. Gemeinsam suchten sie nun nach dem versteckten Futter, dass die Nasen der beiden Großen leicht erschnuppern konnten.
(c) 2020, Marco Wittler
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