991. Der neue Papierflieger

Der neue Papierflieger

Anni hat ein Blatt Papier vor sich auf ihrem Schreibtisch liegen. Mit größter Sorgfalt faltete sie es immer wieder um gab ihm damit eine ganz neue Form. Es entstanden eine Spitze und zwei Flügel. Die Anleitung zu einem Papierflieger hatte sie in einem alten Bastelbuch von Mama gefunden.
»Ich glaube, ich bin fertig.«, rief Anni. Doch dann fiel ihr noch etwas auf. Es fehlte der Pilot. Mit ein paar Filzstiften malte sie einen auf das Papier.
Kurz darauf kam Mama in das Kinderzimmer. »Wow. Den hast du ganz ohne Hilfe nach den Zeichnungen im Buch gefaltet?«, fragte sie überrascht.
Anni strahlte über das ganze Gesicht und nickte. »War gar nicht so schwer, wie es am Anfang aussah. Ich bin ganz zufrieden. Jetzt muss er nur noch fliegen.«
Sie stand von ihrem Platz auf, nahm Mama an die Hand und zog sie in den Flur. Dort warf sie das erste Mal ihren Flieger.
Er taumelte ein wenig, veränderte immer wieder die Richtung und stürzte schließlich nach nur zwei Metern ab.
»Mehr geht damit nicht?«, war Anni frustriert. Ich dachte, dass er mindestens bis zum Ende des Flurs fliegt. Das ist doof.«
Sie ging zurück in ihr Zimmer und verglich den Flieger mit der Anleitung. Sie hatte alles richtig gemacht. Jeder Falte, jeder Knick war gerade und präzise. Es konnte eigentlich nichts falsch laufen.
Anni versuchte es einfach ein zweites Mal. Wieder gab es einen Absturz.
»Das ist gemein. Ich möchte doch einfach nur, dass er eine spannende und weite Reise macht.«
Sie überlegte kurz und sah dabei zum Fenster heraus. Dort bogen sich die Bäume und Sträucher im Wind.
»Das ist die Lösung.«
Anni öffnete das Fenster und warf den Flieger mit einer kräftigen Bewegung nach draußen. Sofort wurde er von einer Windbö ergriffen. Auch dieses Mal taumelte er kurz, schlug dann aber eine gerade Richtung ein und wurde immer schneller. Der Flieger wurde hoch in die Luft und immer weiter vom Haus fort getragen, bis er nicht mehr zu sehen war.
»Da fliegt er hin.«, sagte Anni stolz. »Er fliegt seinen Abenteuern entgegen. Hoffentlich kommt er eines Tages zu mir zurück und berichtet mir davon.«

(c) 2021, Marco Wittler

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