1065. Eine Fahrt mit dem Zug (Teddy Knopfbärs Reiseberichte 08)

Teddy Knopfbärs Reiseberichte
Teil 8: Eine Fahrt mit dem Zug

Ach, was hatten wir nicht schon alles in unserem Urlaub unternommen. Wir waren geflogen, mit dem Auto gefahren und stundenlang gewandert. Aber eine Sache hatten wir noch nicht gemeinsam erlebt.
»Was hältst du davon, wenn wir heute mal mit dem Zug die Welt erkunden?«, schlug der Marco vor.
Ich überlegte natürlich nicht lange und nickte eifrig. Ich wollte schon immer mal in einem Zug sitzen und stundenlang aus dem Fenster schauen, um irgendwann an einem wunderschönen Ziel anzukommen.
Schon am nächsten Tag waren wir am Bahnhof. Irgendwie hatte ich mir den schon etwas größer vorgestellt. Es gab nur ein kleines, offenes Häuschen, einen Ticketautomaten und zwei Gleise. Das war es auch schon. Es sah so ganz anders aus, als ich es bisher immer im Fernseher bestaunen durfte.
»Wir wohnen eben nur in einer kleinen Stadt.«, erklärte mir Marco. »Aber wenn wir erstmal am Ziel sind, dann werden dir vor Staunen die Augen raus fallen.«
Ich musste grinsen, denn ich wusste ganz genau, dass mir die Augen nicht raus fallen konnten, sie waren nämlich angenäht, das richtige Auge und mein großer, oranger Knopf.
Ein paar Minuten später rollte der Zug vor und öffnete seine Türen. Wir stiegen ein und suchten uns drei Plätze, denn auch mein Kumpel Woofy steckte wieder in meinem Rucksack und freute sich schon sehr auf die Reise.
Es dauerte nicht lang, da setzten wir uns auch schon in Bewegung. Wir fuhren aus der Stadt hinaus und durchquerten weite Felder und Wälder. In der Ferne waren immer wieder Berge zu bewundern, die mal kleiner und mal größer waren. Unterwegs hielten wir immer wieder an. Die einen Mitfahrer stiegen zu, die anderen aus. Jeder, der an uns vorbei kam, nahm erst mich, dann Marco unter die Lupe. Die Leute konnten sich wohl nicht vorstellen, dass ein erwachsener Mann mit einem Teddybären unterwegs war. Dabei ist das doch etwas völlig Normales.
Zwischendurch erschien der Schaffner, um das Ticket von Marco zu prüfen. Als er mich sah, wollte er auch meines sehen. Aber der Ticketautomat hatte keine für Plüschtiere verkauft.
»Na, dann wollen wir mal nicht so sein.« Er griff in seine Brusttasche, holte ein kunterbuntes Kinderticket hervor und stempelte es für mich ab.
»Gute Reise noch.«
Nach ein paar Stunden kamen wir an unserem Ziel an. Auf dem Schild am Bahnsteig stand in großen Buchstaben BERLIN HAUPTBAHNHOF geschrieben.
»Oh, das ist ja der Wahnsinn.«, flüsterte ich ehrfürchtig. Wir befanden uns in der größten und auch der Hauptstadt von Deutschland. Das war so aufregend, dass ich sofort von meinem Platz hüpfte, mit meinen Rucksack und Woofy schnappte und zur Tür lief.
»Darf ich raus?«, fragte ich. Marco nickte lächelnd.
Schon erkundeten wir den riesigen Bahnhof. Die Wände schienen nur aus Glas zu bestehen. Überall gab es Geschäfte, die alles Mögliche verkaufen wollten und alle paar Sekunden kam ein weiterer Zug aus einer anderen Richtung. Überall eilten Menschen hin und her. Doch das war noch lange nicht alles. Schnell stellte ich fest, dass wir nach einer Fahrt mit einer Rolltreppe in eine weiterer Etage kamen und dann in noch eine. Insgesamt gab es hier mindestens fünf davon. Züge kamen unten im Keller an und ganz oben. Da fragte ich mich doch, wie sie das schaffen konnten. Flogen sie nach oben oder wie konnte das funktionieren?
»So, meine Freunde.«, sagte Marco irgendwann und sah bedeutungsschwer auf seine Armbanduhr. »Es wird Zeit, dass wir umkehren und nach Hause fahren.
Wie? Was? Nach Hause? Das konnte nur ein schlechter Scherz sein. Wir waren in so einer tollen Stadt angekommen, in der es noch mindestens ein oder zwei Sehenswürdigkeiten gab. Wie konnten wir da einfach wieder in den Zug steigen?
»Wir werden ein anderes Mal hierher kommen.«, versprach Marco. »Heute ging es nur darum, mit euch im Zug zu fahren.«

(c) 2021, Marco Wittler


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