1082. Die Theateraufführung

Die Theateraufführung

Malte war unglaublich aufgeregt. Wochenlang hatte er in seinem Zimmer seinen Text gelernt, hatte ihn immer wieder Mama vorgetragen und auch in der Schule mit den anderen Kindern geübt. Papa hatte sich extra ganz viele Videos im Internet angeschaut, um zu lernen, wie man mit einer Nähmaschine umgeht und Kostüme schneidert.
Und nun stand Malte in der großen Aula, in der schon in wenigen Minuten die Aufführung stattfinden sollte und betrachtete sich den Vorhang, hinter dem die Bühne mit ihrem bunten Bühnenbild versteckt war.
»Jetzt ist es endlich so weit.«, murmelte er. »Gleich werden mit alle Kinder und Eltern meiner Schule zuschauen. Hoffentlich geht nichts schief. Das wäre so peinlich.«
Malte dachte nicht zum ersten Mal darüber nach, wie er mit gerötetem Kopf durch die Reihen lief, um sich irgendwo in einer dunklen Ecke zu verstecken. Aber noch war ja nichts passiert.
Er ließ sich ein letztes Mal von Papa drücken, dann verschwand er hinter die Bühne und wartete auf seinen Auftritt.
Der Saal füllte sich. Das Publikum nahm Platz. Das Deckenlicht erlosch. Es wurde still und der Vorhang öffnete sich.
Pia, die eine junge Frau in einem weißen Kleid spielte, kam auf die Bühne, blieb zwischen zwei künstlichen Bäumen stehen und sah sich ängstlich um.
»Oh weh. Ich glaube, ich werde verfolgt. Wer mag es sein, der mir nachstellt?«
Das war Maltes Stichwort. Im Kostüm eines Vampirs, mit falschen Zähnen im Mund, schlich er auf Pia zu, blieb mit dem Fuß im Vorhang hängen, stürzte und riss den schweren Stoff mit sich auf den Boden. Durch den Schreck, fand er nicht wieder heraus, wickelte sich sogar noch tiefer in den Vorhang und stand schließlich mit ihm auf. Nervös sah er sich um, sah das Publikum, sah Pia, die ganz rot im Gesicht wurde.
Malte schluckte, dachte einen Augenblick nach und wandte ging mit steifen Schritten auf Pia zu.
»Wer bist du?«, fragte das Mädchen in gespielter Angst. Sie war wieder in ihrer Rolle. »Bist du ein Vampir?
Malte hätte nun mit Ja antworten sollen. Stattdessen schüttelte er den Kopf und stöhnte laut. »Ich bin die Mumie. Komm mit in mein dunkles Grab und wehr dich nicht.«
Das Publikum, dass ein Theaterstück über Vampire erwartet hatte, begann zu jubeln. Eine spontan neu erzählte Geschichte hatten die Zuschauer nicht erwartet. Jetzt waren sie umso gespannter, wie das Stück ausgehen würde. Malte und Pia gaben ihr Bestes und erfanden mit jedem Satz eine ganz neue Handlung.
Am Ende ernteten die beiden tosenden Applaus.

(c) 2021, Marco Wittler

Bild: OpenClipart-Vectors auf Pixabay

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