1116. Wir und der Hellseher (Mann und Manni 54)

Wir und der Hellseher

Auf dem Weg quer durch Amerika machten wir mitten im Nirgendwo an einer Art Campingplatz Halt. Es gab allerdings keine Zelte, sondern ausschließlich Wohnwagen und Wohnmobile.
Während es sich der Mann und die Frau draußen in Liegestühlen gemütlich gemacht hatten, streiften wir vier Mietzen durch die Gegend und sahen uns um. Wir wollten etwas finden, womit wir uns die Zeit und die Langeweile vertreiben konnten.
Unter einem dichten Busch fanden wir dann doch noch ein kleines Zelt, vor dem ein Kater saß, der eine Augenklappe trug.
»Hallo Fremde, die ihr von weit her gekommen seid, gesellt euch zu mir. Ich möchte mich mit euch unterhalten.«
Wir waren alle überrascht. Woher wusste er, dass wir eine lange Reise hinter uns hatten?
»Nun, ihr werdet euch sicher fragen, woher ich von eurer langen Reise weiß.«, fuhr er fort. »Ich bin Hellseher. Ich kann die Vergangenheit und auch die Zukunft sehen. Kommt näher und ich werde euch berichten, was euch bevor steht.«
Hätte ich kein Fell am Kopf gehabt, man hätte meine gerunzelte Stirn sehen können. An Hellseher glaubte ich nicht, hatte ich auch noch nie. Das war für mich alles Humbug.
»Du, mein Freund, wirst bald von deinem Hunger erlöst werden, auch wenn du das Spiel verlierst.«, sagte er mir direkt ins Gesicht und wandte sich dem Bengalen zu, der direkt neben mir saß. »Und du wirst trotz deiner Angst mal über deinen Schatten springen, richtig viel Spaß haben und den Schuss deines Lebens machen. Herzlichen Glückwunsch zum Sieg.«
Ich schüttelte den Kopf. Das war alles ausgemachter Blödsinn. Ich schob meine Mitbewohner und Reisebegleiter weiter, weg von diesem Scharlatan und stieß dabei gegen einen Tisch. Dabei fiel eine Pappschachtel herunter, aus der sich mehrere kleine Windbeutel über die Wiese verteilten. In den Augen des Bengalen blitzte es auf. Er stürzte sich auf das Sahnegebäck, kickte es durch die Gegend und durch meine Beine hindurch.
Er brach in großen Jubel aus, hatte er doch gerade das erste Tor seines Lebens geschossen. Augenblicklich wurde mir klar, dass er mich überwunden hatte. Ich hatte das Spiel verloren. Der Hellseher hatte Recht behalten.
Ich zuckte mit den Schultern, schnappte mir die Windbeutel und stopfte sie mir ins Maul. Lecker.

(c) 2021, Marco Wittler


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