1118. Wir, die drei Unbekannten und das ‚Gold‘ der Mietze (Mann und Manni 55)

Anmerkung des Autors:
Die folgende Geschichte ist ein Cross Over, was bedeutet, dass hier zwei Serien aus meiner Feder in einer Geschichte vereint sind. Die eine ist, wie schon in der Überschrift steht „Mann und Manni“, die andere ist eine Krimireihe, die eigentlich für ältere, erwachsene Leser gedacht ist. Aber keine Angst, der folgende Text ist kindertauglich. Manni trifft auf „Zimmermann ermittelt“, den Kommissar aus Hemer, der jeden Fall löst.
Da ich diese Geschichte in zwei Teilen geschrieben habe, sind hier auch zwei verschiedene Stile zu finden. Teil 1 aus Sicht von Manni, Teil 2 aus Sicht eines Erzählers.

Wir, die drei Unbekannten und das ‚Gold‘ der Mietze (Teil 1)

Jede Reise, und sei sie noch so schön, muss irgendwann zu Ende gehen. Bei uns war das auch der traurige Fall. Wir hatten das große Land der Amerikaner hinter uns gelassen, auch wenn es noch so Vieles zu entdecken gab.
Das wirklich großzügig eingerichtete Wohnmobil war an den Vermieter zurück gegangen. Nach dem Flug nach Hause, hatten wir unser Eigenes wieder bestiegen und waren nach Hause gefahren. Und ganz ehrlich: Ich freute mich schon auf meinem Schlafplatz auf der obersten Etage des Kratzbaums.
Du fragst dich zu Recht, wer so verrückt ist, an so einem Platz schlafen. Deswegen stelle ich kurz mich und meine Mitbewohner vor: Ich bin Manni, ein Kater. Meine Freunde würden behaupten, ich sei dick. Ich bevorzuge aber die Bezeichnung stattlich. Bei mit leben noch drei weitere Katzen. Mein Bruder Lord Schweinenase, der ständig Futterreste am Riechkolben kleben hat, die extrem aktive Mini-Mietze, die es mit jedem Gegner aufnahm und der ängstliche Bengale, der sich ständig irgendwo versteckte. Ach ja, die beiden Menschen sollte ich nicht vergessen. Der Mann ist mein Partner im erfolgreichen Ermittlerteam Mann und Manni. Und dann gibt es da auch noch die Frau, die sich rührend um unser aller Wohlergehen kümmern. Sie ist das Herz und die Seele unserer WG.
Wir waren also zurück aus unserem Urlaub und fuhren gerade vor dem Haus vor. Während wir Katzen es kaum erwarten konnten, an unseren Stammplätzen ein Nickerchen zu machen, kümmerten sich die Menschen um den Transport des Gepäcks. Perfekte Arbeitsteilung wie ich fand. Doch als ich die Türschwelle überschritt, kam mir gleich etwas seltsam vor. Wir waren nämlich nicht allein. Drei uns unbekannte Personen standen im Wohnzimmer und sahen sich um.
»Wer sind sie?« fragte ein älterer Mann in einem abgeranzten Mantel, der sicher schon bessere Zeiten erlebt hatte.
»Wir wohnen hier.«, sagte der Mann, der sich sofort schützend vor seine Frau und uns stellte. »Aber wer sind sie?«
Es stellte sich heraus, dass wir es mit drei Beamten der örtlichen Kriminalpolizei zu tun hatten. Kommissarin Lena-Marie Szymanski stellte uns ihren Assistenten Inspektor Schmidt und ihren Vater Kommissar a.D. Zimmermann vor, der sie bei den Ermittlungen unterstützte.
Ermittlungen. Bei dem Wort wurde ich sofort hellwach. Wenn hier jemand erfolgreich ermitteln sollte, dann wohl der Mann und ich.
»Was ist hier vorgefallen? Hat es einen Einbruch gegeben?«
Der Mann stellte mal wieder genau die richtigen Fragen. In Anbetracht der Situation, dass die Glasscheibe der Gartentür eingeschlagen war, hätte jeder Dummkopf die Antwort darauf gewusst.
»Ja, es ist jemand hier eingebrochen. Wir wissen aber noch nicht, was genau passiert ist.«, erklärte der Zimmermann. »Wir stehen selbst vor einem Rätsel. Es gibt keine Spuren. Es fehlen Schuh- und Fingerabdrücke. Es wurde nach unseren ersten Erkenntnissen nichts durchwühlt oder gestohlen.«
Das konnte ich mir natürlich nicht vorstellen. Wer sich in ein Haus oder eine Wohnung unrechtmäßig Zutritt verschaffte, wollte auch etwas stehlen oder zerstören.
»Gibt es jemanden, mit dem sie ein Problem haben oder der ihnen gegenüber negativ eingestellt ist?«
Unsere menschlichen Mitbewohner schüttelten beide die Köpfe. Sie waren sich sicher, keine Feinde zu haben. Mir fielen dafür gleich mehrere Dutzend Namen ein, die ich hätte aufzählen können. Es hatten sich in den vergangenen Jahren zu viele schwere Jungs mit mir angelegt, denen ich mit meinem Team das Handwerk gelegt hatte. Aber welche Katze, welche Ameise oder sonstiges Getier hätte die Glastür durchbrechen können? Es musste jemand anders gewesen sein.
»Wir sind das nicht gewohnt, aber wir stehen vor einem Rätsel, dass wir noch nicht lösen können.«
Ich sah meine Mitbewohner an. Weder sie noch ich konnten diesen Zustand akzeptieren.
Wir nahmen das ganze Haus unter die Lupe. Lord Schweinenase machte sich im Erdgeschoss auf die Suche, ich im Keller und die Mini-Mietze ging eine Etage höher. Schon nach wenigen Minuten hörte ich einen Aufschrei, der uns allen durch Mark und Bein ging.
Wir rannten die Treppe nach oben, die Beamten folgten uns sofort. Vor uns saß eine Mini-Mietze, die völlig in sich zusammen gesunken war. Ich hatte das Gefühl, dass sie kurz davor war, zum ersten Mal in ihrem Leben eine Träne zu vergießen.
Langsam ging ich auf sie zu, setzte mich neben sie, legte ihr eine Pfote auf die Schulter und fragte, was passiert war. Sie zeigte wortlos auf eine Schlafhöhle, die sich im Regal befand. Neugierig steckte ich den Kopf hinein, sah mich um und schnupperte. Es war jemand hier gewesen, jemand Fremdes. Das war eindeutig. Aber es war noch ein anderer Duft hier, der mich an irgendwas erinnerte. Ganz tief in meinem Kopf formte sich ein Bild. Ich sah einen Teddybären vor mir, der der erste Kuschelfreund der Mini-Mietze gewesen war. Hatte sie diesen etwa die ganze Zeit aufbewahrt? Ich hatte sie immer für ein starkes Mädchen gehalten, dass nichts und niemanden fürchtete. Und nun vermisste sie eines der Dinge, das ihr besonders wichtig war.
Während Lord Schweinenase und der Bengale sofort verstanden, was hier passiert war, mussten wir es den Menschen noch begreiflich machen. Sie waren leider nicht besonders helle.
Die junge Kommissarin verdrehte die Augen. Sie verstand nicht, dass wir es hier mit einem besonders schweren Verbrechen zu tun hatten. Ihr alter Kollege und Vater hingegen grinste.
»Kommt schon Leute. Das ist doch mal etwas Anderes. Nehmen wir uns die Zeit und holen den Teddybären zurück. Ihr könntet damit eine kleine Mietze wirklich glücklich machen.«
Ja, das würden sie tatsächlich können, denn unsere Mini-Mietze kletterte in ihre Höhle, rollte sich dort zusammen und wollte nicht wieder heraus kommen. Sie war völlig fertig und schien ihren Halt verloren zu haben.

Wir, die drei Unbekannten und das ‚Gold‘ der Mietze (Teil 2)

Ein gestohlener Teddybär. Das hatte Kommissar Zimmermann noch gefehlt. Obwohl, irgendwie hatte das auch seinen Reiz. Er war bereits im Ruhestand und konnte sich aussuchen, in welchem Fall er ermitteln wollte, solang er seinen aktiven Kollegen nicht im Weg stand.
»Ich bin dabei.«, sagte er grinsend. »Haben sie vielleicht einen Kaffee für mich? Er sollte stark sein, dass der Löffel drin stecken bleibt und so schwarz wie eine Katze, die Unglück bringt.«
Sofort blitzten ihn drei Kater böse an. »Sorry, Leute, war nicht so gemeint.«
Er gesellte sich dem dicksten Kater, dessen Name Manni lautete, an. Dieser schien der Schlaueste zu sein und folgte ihm durch das Haus, in dem sonst nichts weiter gestohlen worden war. Sie waren auf der Suche nach Spuren, die bis jetzt noch nicht entdeckt worden waren.
Zimmermann war schnell begeistert. Noch nie hatte er ein Tier gesehen, dass so gründlich einen Tatort absuchte. Diesen Partner hätte er gern schon früher kennengelernt.
Manni blieb plötzlich in der Nähe der zerstörten Gartentür stehen. Er schien nicht direkt etwas gewittert zu haben, das wäre auch etwas schwierig gewesen, denn in den letzten paar Minuten hatte er immer wieder mal genießt. Er schien etwas verschnupft zu sein. Dafür saß er nun vor einem Abdruck am Boden, den die professionellen Ermittler vielleicht gesehen aber nicht beachtet hatten. Es war ein Pfotenabdruck, der sich von dem einer Katze unterschied.
»Na, was meinst du, Kumpel?«, fragte der Mann, der dem Kater nicht von der Seite gewichen war. »Ist das eine Spur, der wir nachgehen sollten?«
Der Kater schnaufte. War das eine Zustimmung oder war das dem Schnupfen anzurechnen? Zimmermann konnte es nicht sagen. Aber dafür setzte sich der Kater wieder in Bewegung.
Sie marschierten durch den Garten. Der Kommissar mit Mann und Manni gingen voraus, die weiteren Kater folgten in respektvollem Abstand.
Wohin es ging, welchen Spuren sie folgten, vermochte Zimmermann nicht zu sagen. Er konnte in dem Gras nichts erkennen. Dieser grau getigerte Kater schien aber umso selbstsicherer zu sein. Was er nicht wusste, dass Manni ebenfalls völlig ziellos war. Er hoffte einfach nur auf einen Zufallstreffer, auf eine weitere Spur des Einbrechers.
Am Ende war es der Kater, der eine ganze Menge Futterreste am Riechkolben kleben hatte, Lord Schweinenase, wenn sich der Kommissar noch richtig erinnerte. Dieser Kater, der einen eigentümlich dümmlichen Gesichtsausdruck an den Tag legte, saß vor einem Busch, schnupperte intensiv und holte mit seiner Pfote ein kleines Stück Plastik hervor. Manni war sofort zu Stelle, begutachtete es zuerst, während Zimmermann Mühe hatte, sich zu bücken.
»Was habt ihr denn da gefunden?«
Es war ein Auge. Wahrscheinlich stammte es von dem gestohlenen Teddy. Sie waren also auf der richtigen Fährte.
»Jetzt nur nicht nachlassen, Leute.«, feuerte der Kommissar die Katzen an. Ihm stand die Begeisterung ins Gesicht geschrieben.
Sie liefen weiter. Zimmermann musste über eine Hecke klettern, der Mann ebenfalls, die Katzen schlüpften einfach hindurch.
Das Handy klingelte. Am anderen Ende meldete sich Kommissarin Szymanski.
»Wir haben ein Video des Nachbarn bekommen, das er in einer stürmischen Nacht aufgenommen hat. Der Wind hat die Palisade hin und her wehen lassen. Sie ist der Grund, warum das Glas zerstört ist. Das fiel uns nur nicht auf, weil sie nicht im Wohnzimmer lag. Sie ist an ihren Platz zurück geschwungen, da ein Gartenschlauch dran hing.«
Zimmermann nickte nur. Einen Einbruch konnten sie also ausschließen. Das erklärte auch, warum außer einem Teddy nichts gestohlen wurde.
Sie näherten sich dem Waldrand. Auch dieser war von einer Hecke umgeben.
»Was soll das?«, regte sich der alte Kommissar auf. »Hat sich heute alles gegen mich verschworen? Ich bin nicht der Sportlichste.«
Doch dann blieben die Katzen stehen, schnupperten und fanden etwas.
Im dichten Gestrüpp saß eine kleine Katze. Sie war abgemagert, sah ganz schlecht aus und zitterte am ganzen Leib. Ängstlich drückte sie sich gegen den Teddy.
»Da hat sich wohl jemand einen Beschützer gesucht.«, sagte der Kommissar. Vorsichtig griff er nach der Katze, streichelte ihr über das Fell und drückte sie an seinen warmen Körper. Kurz darauf schlief sie ein. Der Fall war gelöst.
Kurz nach diesem überraschenden Fund konnte Manni der Mini-Mietze ihren geliebten Kuschelteddy zurückgeben, den sie auch sofort tief in ihrer Schlafhöhle versteckte. Die arme, kleine Katze aus dem Wald fand bei Kommissar Zimmermann ein neues Zuhause. Bis dahin hatte er sich nie vorstellen können, überhaupt einmal sein Leben mit einem Haustier zu teilen.

(c) 2021, Marco Wittler

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