1217. Roboterpost

Roboterpost

Es klingelte an der Tür. Da Mama und Papa nicht zu Hause waren, ging Mischa zur Tür und warf einen Blick durch den Spion, um zu sehen, wer draußen stand.
»Ähm … was?«
Erlaubten sich Mischas Augen einen Scherz? Das konnte doch gar nicht sein. Auch beim zweiten Blick stand er noch immer auf der anderen Seite der Tür und verschwand nicht einfach. Dann war es wohl doch keine Einbildung.
Mischa öffnete die Tür und blickte den mannsgroßen Roboter misstrauisch an. »Ja? Was möchtest du?«
Der Roboter hob eine Hand zum Gruß. »Ich bin das neue A113 der Roboterpost. Ich habe eine Zustellung für dich.«

Er öffnete eine Klappe am Bauch. Aus dem schmalen Fach dahinter zog er einen Umschlag und eine kleine Rose, die er Mischa überreichte.
»Bitteschön.«
Mischa zögerte. War es wirklich klug, diesem Ding zu vertrauen? Gab es tatsächlich schon Roboter bei der Post oder handelte es sich um einen schlechten Scherz? Aber was sollte schon passieren? Mischa nahm den Umschlag und die Rose an. »Vielen Dank.«
Der Roboter verneigte sich leicht, bevor die Tür wieder geschlossen wurde. Er atmete auf. Er hatte niemals damit gerechnet, dass sein Plan funktionieren würde. Doch am Ende war es genau so gekommen. Während er sich umdrehte und sich auf den Rückweg machte, nahm er den Helm seines Kostüms ab. Darunter kam Emil zum Vorschein, dessen Kopf nicht nur von der Wärme im Helm rot geworden war. Endlich hatte er Mischa die Karte geben können, die er schon so lange bei sich trug und auf den richtigen Moment gewartet hatte.
Zur selben Zeit öffnete Mischa den Briefumschlag, während sich der Duft der Rose im Flur vertelte und holte eine Karte hervor. Darauf war ein großes, rotes Herz gemalt, in dem Emils Name stand. Mischa lächelte.

Emil war extrem aufgeregt. Er hatte sich kaum in die Schule getraut. Wie würde sich Mischa verhalten? Konnten sie sich noch in die Augen schauen? Waren sie nun noch miteinander befreundet oder würde Mischa ihn nie wieder anschauen? In Emils Gedanken war alles möglich.
Er öffnete die Tür zum Klassenraum und sah sich um. Mischa war noch nicht zu sehen. Also ging er an seinen Platz und setzte sich.
»Huch!« Was war denn das? Da lag ein Briefumschlag auf seinem Tisch. Mit zittrigen Händen griff er danach und öffnete ihn. Er zog die Karte daraus hervor, die er noch am Tag zuvor verschenkt hatte. Doch etwas hatte sich daran verändert. Im roten Herzen war etwas ergänzt worden. Da stand nun Emil & Mischa.
Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal. Mischa kam mit rot verfärbten Wangen herein und lächelte Emil zu. Es hatte also geklappt. Emil fiel ein Stein vom Herzen, als Mischa zum ersten Mal neben ihn setzte und unter dem Tisch nach seiner Hand griff.

(c) 2022, Marco Wittler


Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

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