Dichter Verkehr
»Hey, hier wird nicht gerast.«
Die kleine Elfe saß auf dem Rand der größten Blüte der Blumenwiese vor einem kleinen Türmchen und versuchte den chaotischen Verkehr um sie herum zu bändigen.
Unzählige Fliegen, Käfer, Wespen und Bienen flogen von der einen zur anderen Seite, sammelten Honig, tranken Nektar und brausten dann wieder zurück. Dabei war gar nicht so einfach, dem Gegenverkehr jedes Mal erfolgreich auszuweichen. Immer wieder krachten die kleinen Insekten zusammen. Wäre die kleine Elfe nicht gewesen, es würde wohl zu viel mehr Unfällen kommen.
»Achtung! Hier gilt Rechts vor Links! Nein, das ist eine Einflugbahn. Sofort wieder umdrehen!«
Es war gar nicht so einfach, alles im Auge zu behalten. Immer wieder tauchten Rowdys auf, die sich nicht an die Flugregeln halten wollten, Bienen ihre Pollen klauten oder Hummeln aus dem Weg schubsten.
»Muss ich jetzt wirklich hart durchgreifen?«
Die kleine Elfe warf ihre Flügelchen an und flog durch die chaotische Menge. Schnell hatte sie die Störenfriede vertrieben und konnte wieder auf ihrer Blume Platz nehmen.
Langsam wurde es dunkel und die Elfe gähnte laut. Sie konnte kaum noch die Augen offen halten. »Ich glaube, ich muss langsam in mein Bett.«
Sie stand auf und holte ein langes Tuch aus ihrem Turm, das rot und weiß gestreift war. Das wickelte sie um ihre kleine Behausung. »Fertig für die Nacht.«
Nein, nein. Sie sorgte nicht dafür, dass der Turm schlafen konnte. Sie verpasste ihm nur den richtigen Anstrich für die Dunkelheit.
»Schichtwechsel!« Sie trat wieder in das Innere, klatschte sich mit ihrem Kollegen ab, der nun für einen sicheren Verkehrsfluss sorgen würde. Es war ein Geist, der nicht größer war, als sie selbst. Doch statt sich auf den Rand der Blüte zu setzen, erklomm er nun eine Treppe und nahm am Fenster des Turms Platz. Von dort aus war das Schimmern seines Geisterkörper über die ganze Blumenwiese zu sehen.
»Dann sorgen wir mal für Ordnung.«
Die Bienen, Hummeln, Wespen, Fliegen und Käfer, ja selbst die dicksten Brummer waren mittlerweile verschwunden. Sie hatten sich in ihre Nester zurückgezogen und lagen bereits erschöpft in ihren Betten. Trotzdem herrschte immer noch hektische Betriebsamkeit auf der Blumenwiese.
»Hey!« Der Geist brüllte laut, dass man ihn noch am Waldrand hören konnte. »Auch eine dicke Motte hat sich an die Regeln zu halten. Du hast hier nicht automatisch Vorfahrt.«
Er griff zu seiner Pfeife und pfiff ganz laut. »Vorsicht, da kommt die Fledermausflotte. Ladys, runter vom Gas und Ultraschall einschalten, sonst kracht es gleich.«
So ging es die ganze Nacht weiter, bis am nächsten Morgen die Sonne wieder aus ihrem Schlaf erwachte und mit ihr die kleine Elfe, die nun die Tagesschicht erneut übernahm.
(c) 2023, Marco Wittler
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