1527. Nik und Nele erforschen das Leben im All

Nik und Nele erforschen das Leben im All

Auch der schönste Sommertag geht irgendwann einmal zu Ende, so sollte es auch dieses Mal sein. Während die Sonne hinter dem Horizont verschwand, der Himmel von einem kräftigen Orange zu einem dunklen Blauschwarz wechselte, tauchten erste Sterne am Firmament auf. Mit jeder verstreichenden Minute wurde es mehr, bis man sie nicht mehr mit bloßem Auge hätte zählen können.
»Ich liebe diesen Anblick.« Nik, der eigentlich schon im Bett liegen und schlafen sollte, stand am Balkonfenster und blickte verträumt hinauf in die Unendlichkeit. Es gibt so unendlich viele Sterne und Planeten und noch viel mehr zwischen ihnen zu entdecken. Ich würde so gern pausenlos von einem zum anderen reisen und alle Geheimnisse des Universums entdecken und enträtseln.«
Seine Zwillingsschwester Nele gesellte sich zu ihm. Auch sie hätte eigentlich schon lange unter ihrer Bettdecke schlafen sollen. »So viel Zeit hat leider niemand. Aber vielleicht schaffen wir es, ein einzelnes Geheimnis in dieser Nacht zu lüften. Was interessiert dich am meisten?«
Nik musste nicht lange überlegen. »Ich glaube, das Universum ist eine Nummer zu groß, dafür möchte ich aber wissen, wie Sterne und Planeten entstehen.«
Er blickte zum Buchregal, wo ein dickes Buch über das Weltall stand und schüttelte den Kopf. »Warum etwas darüber lesen, wenn wir es mit eigenen Augen sehen und erleben können?«
Die Kindersahen sich an und nickten sich gleichzeitig zu. Es war also beschlossene Sache. Sie würden die Nacht für einen Ausflug nutzen. Sie setzten sich auf die untere Matratze ihres Etagenbettes. Nele legte ihr Kopfkissen zur Seite und drückte auf den großen Knopf, der dabei zum Vorschein kam. Das Bett begann zu vibrieren, alles zitterte. An den vier offenen Seiten schoben sich dicke Glasscheiben empor und schlossen die Zwillinge luftdicht ein. Dann hob dieses ungewöhnliche Bett vom Boden ab und schwebte durch die Balkontür nach draußen. »Nächster Halt: Milchstraße.« Nele drückte ein weiteres Mal auf den Knopf. Das Bett gab Gas und sauste unendlichen Sternenmeer entgegen.«
Etwas über die Entstehung von Himmelskörpern herauszubekommen war alles andere als einfach. Immer wieder landeten die Kinder auf Planeten, Asteroiden, fragten sich durch. Im Restaurant am Ende des Universums erhofften sie sich, einen erfahrenen Raumfahrer zu treffen, der sich auskannte, der schon alles gesehen hatte, doch auch dort wurden sie enttäuscht. Wie nur sollten sie Niks Frage auf den Grund gehen und eine Antwort finden können? Plan- und ziellos kurvten sie zwischen den Sternen und Planeten herum und warfen immer wieder faszinierte Blicke auf die Milchstraße.
Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein riesiges Raumschiff auf, dessen Außenhülle aus unzähligen roten Warnleuchten bestand. »Weg da! Aus der Bahn!«
Pflichtbewusst wichen alle anderen Fluggeräte aus und wechselten ihren Kurs. Auch das Etagenbett flog eine größere Kurve. »Was mag denn da vor sich gehen? Fällt hier gleich ein riesiges Transportschiff aus dem Hyperraum?« Schon war die Frage nach der Entstehung der Himmelskörper vergessen und wich größter Neugierde.«
Während das Leuchtschiff für einen freien Flug sorgte, begann das All hinter ihm zu glitzern. Zuerst war es kaum, vielleicht nur im Augenwinkel zu erkennen, doch dann wurde es mehr, größer und heller, dass man sich die Augen zuhalten mussten, um nicht geblendet zu werden. In dem Glitzern verfestigte sich etwas. Es musste, es konnte eigentlich nur ein riesiges Raumschiff sein, dass alles andere an diesem Ort, am Rande der Milchstraße, in den Schatten stellte.
»Nein!« Nele riss die Augen und den Mund auf. »Das ist kein Raumschiff. Es sieht aus wie … wie die größte Kaulquappe, die es gibt.«
Während das Glitzern nachließ, entstand ein Wesen, das aus einem mondgroßen Kopf und einem langen Schwanz bestand. Doch etwas schien nicht zu passen. Das breit grinsende Tier besaß große Flügel, die der einer Fledermaus recht ähnlich waren. Dazu hingen am Kinn vier dünne, in der Dunkelheit des Alls kaum erkennbare Beine herab. Die Schuppen auf dem Rückenkamm waren der letzte Hinweis auf das, was hier aufgetaucht war. »Das ist ein Drache.«
Der Drache sah sich um, achtete darauf, dass die hier anwesenden Raumschiffe genügend Sicherheitsabstand hielten und zwinkerte den Kindern der Erde zu. Dann nahm er kräftig Anlauf und ließ sich mit seinem riesigen Kopf voraus in den Milchstraße platschen, als wäre die größte Pfütze des Universums. Kleine und große Milchtropfen spritzen in alle Richtungen davon, wurden langsamer und blieben im Sternenmeer hängen. Die Großen begannen kurz darauf zu leuchten, die Kleinen zogen alsbald Kreisbahnen um die neu entstandenen Lichter.
»Der Drache hat neue Himmelskörper erschaffen.«, war Nik begeistert. »So funktioniert das also. Das ist echt irre.«
Der Drache sah sich um, betrachtete jeden neuen Stern und nickte schließlich zufrieden. Dann löst er sich in einer großen Glitzerwolke wieder auf, um an anderer Stelle ebenfalls neue Welten zu erschaffen.
Nik und Nele waren begeistert. Stundenlang hatten sie nach einer Antwort auf ihre Frage gesucht und dieser unglaublich seltene Zufall hatte sie ihnen serviert. Sie machten sich auf den Weg nach Hause, um noch ein paar Mützen voll Schlaf zu finden.

(c) 2023, Marco Wittler

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