226. Angst vor Gewittern

Angst vor Gewittern

Nils und Lili standen im Garten und sahen in den Himmel hinauf.
»Das sind aber viele Wolken.«, sagte Nils.
»Ob es gleich regnen wird?, fragte Lili.
Ihr Bruder zuckte nur mit den Schultern. Ihm war es egal. Im Moment war es noch trocken. Also warum sollte er sich sorgen machen?
Mit einem geübten Sprung landete er punktgenau im Sandkasten. Schon seit Tagen arbeitete er an seinem großen Projekt. Er wollte, die größte und schönste Sandburg besitzen, die je ein Kind gebaut hatte.
Lili saß jeden Tag bei ihm und sah begeistert zu, wenn sie nicht gerade nützliche Tipps gab, wie man die einzelnen Türme noch verschönern könnte.
Während die zwei Kinder dafür sorgten, dass die Burg entstand, zogen weitere Wolken über den Himmel. Mittlerweile waren die dick, schwer und dunkel geworden. Es schien sich ein starker Regenschauer anzukündigen. Es wurde trotzdem weiter im Sand gebaut.
Irgendwann sah Mama aus dem Fenster.
»Kinder, wollt ihr nicht lieber rein kommen? Es wird bestimmt gleich kräftig regnen. Ihr wollt doch nicht nass werden.«
Aber Nils schüttelte den Kopf. Die Burg war noch nicht fertig. Lili verneinte ebenfalls.
»Wenn Nils nicht rein geht, dann bleibe ich auch draußen.«
Doch ein paar Minuten später war es dann so weit. Von allen Seiten her grummelte es. Immer wieder jagten Blitze durch den Himmel. Die ersten Regentropfen fielen zu Boden.
»Wollen wir nicht doch rein gehen?«, fragte Lili besorgt.
»Ich hab doch Angst vor Gewittern.«
Nils sah sich verzweifelt um.
»Aber die Burg ist doch noch nicht fertig. Und wenn es jetzt anfängt zu regnen und wir aufhören, ist sie bis Morgen nur noch ein Haufen Matsch.«
Also blieben sie.
Der Regen wurde immer stärker. Schon bildeten sich kleine Pfützen im Sandkasten. Die Blitze kamen immer schneller und der Donner wurde ständig lauter.
»Jetzt will ich nicht mehr.«, rief Lili.
Das Mädchen sprang auf und lief zitternd ins Haus. Nils hatte ebenfalls die Angst gepackt. Gewitter waren ihm nicht geheuer.
Nun standen die beiden am Fenster und sahen traurig auf die Sandburg.
»Ich habe so lange daran gearbeitet.«, sagte Nils enttäuscht.
»Morgen ist nichts mehr davon übrig.«
Mama legte ihm ihre Hände auf seine Schultern und versuchte ihn aufzumuntern. Doch das klappte einfach nicht.
Plötzlich lief Nils los. Hatte er sich so sehr beim letzten Donnerschlag erschrocken? Nein, denn er stürmte in den Keller und kam kurz darauf mit zwei Windschutzmuscheln wieder hoch.
»Los Lili, komm mit nach draußen. Die Muscheln stellen wir als Zelt über die Burg. Dann bleibt sie ganz.«
Er öffnete die Tür zum Garten und lief los. Seine Schwester bleib allerdings im Haus und sah verzweifelt aus. Nur zu gern hätte sie geholfen. Aber sie traute sich einfach nicht.
Nils mühte sich ab. Es wollte einfach nicht so klappen, wie er es sich vorgestellt hatte. Immer wieder blies der Wind die Schutzmuscheln fort. Allein konnte er das unmöglich schaffen.
Lili fasste sich ein Herz. Sie holte sich ihre große Lieblingsmütze, zog sie tief ins Gesicht und lief nach draußen.
Es blitzte und donnerte kurz darauf. Doch davo ließ sie sich nun nicht mehr abhalten. Die große Sandburg war in Gefahr und musste unbedingt gerettet werden.
»Sag mal, schaffst du es mal wieder nicht ohne mich?«, fragte sie Nils und stellte sich stolz in den Regen.
»Wurde auch Zeit, dass du kommst. Warum hat es so lange gedauert?«
Lili lachte.
»Ich musste erst meine Mütze suchen. Dachtest du, ich hätte Angst? Im Leben nicht.«
Nun stellten sie gemeinsam die Muscheln auf. Aber der Wind war einfach zu stark.
»Ich habe eine Idee.«, sagte Lili.
»Wir bleiben hier draußen und halten sie fest, bis der Regen aufgehört hat. Das ist doch nur ein Gewitter.«
Nils sah sich zuerst ängstlich um. Bei diesem Wetter wollte er eigentlich nur so lange wie nötig draußen bleiben. Aber da selbst seine Schwester so mutig war, konnte er nun nicht mehr kneifen.
Die Kinder blieben tatsächlich die ganze Zeit draußen und beschützten ihre Burg, bis eine halbe Stunde später auch die letzten Regentropfen verschwunden waren und die Sonne zum Vorschein kam.
Die Burg war gerettet. Sie hatte nur hier und da ein paar kleine Beschädigungen, die von Nils aber schnell repariert werden konnten.
Schon am nächsten Tag konnten sie die größte und schönste Burg aller Zeit präsentieren.

(c) 2009, Marco Wittler

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