347. Chiara fliegt ins All

Chiara fliegt ins All

Der Weltraum war endlich zu sehen. Nachdem die Sonne unter gegangen war, leuchteten nun die Sterne auf die Erde herab. Es waren so viele, dass man sie nicht hätte zählen können.
»Dort hinauf soll es gehen.«, sagte Chiara jeden Abend, bevor sie zu Bett ging.
»Ich will andere Planeten besuchen und Freundschaft mit den Außerirdirschen schließen.«
Diesen Traum hatte sie, so lange sie denken konnte. Jeden Abend sprach sie ihn laut aus. Dann zog sie das alte, verwaschene T-Shirt mit den Raumschiffen an und schlüpfte damit unter ihre Decke.
»So eine Reise in den Weltraum stelle ich mir spannend und aufregend vor.«, schwärmte sie ihrem kleinen Bruder vor, während sie durch das Fenster zum unendlichen Sternenmeer hinauf blickte.
Ihr Bruder lachte dann immer. Seiner Meinung nach würde sie niemals die Erde verlassen. Chiara war da aber ganz anderer Meinung.
»Eines Tages werde ich dort hin reisen, selbst wenn ich dafür mein eigenes Raumschiff bauen muss.«
Bei diesen Gedanken schlief sie dann langsam ein.

Eines Tages spielten die beiden Geschwister im Garten. Chiara saß im Sandkasten, während ihr Bruder auf der Schaukel saß.
Plötzlich stieß Chiara mit der Schaufel auf etwas Hartes.
»Huch. Was ist denn das?«, wunderte sie sich.
Vorsichtig buddelte sie weiter. Sie entdeckte ein kleines Kästchen aus Metall. Es blitzte und blinkte im hellen Sonnenschein. Schnell ließ sie es in ihrer Tasche verschwinden, um es vor ihrem Bruder zu verstecken. Doch dieser war viel zu sehr beschäftigt und hatte nichts gesehen.
»Ich gehe hinein in mein Zimmer.«, sagte sie Mama und verschwand im Haus.
Ein paar Minuten später saß sie auf ihrem Bett und besah sich das Kästchen von allen Seiten. Nirgendwo war ein Schloss oder ein Knopf zum Öffnen zu finden.
»Irgendwo muss das doch gehen.«
Sie versuchte es mit allen Tricks. Aber nicht einmal ein Schraubendreher konnte helfen.
»Dabei bin ich doch so neugierig, was darin steckt.«
Genau in diesem Moment öffnete sich das Kästchen und eine sanfte Frauenstimme erklang.
»Die Neugierde des Menschen ist es, die ihn immer wieder zu neuen Abenteuern und Expeditionen aufbrechen lässt. Sie beflügelt seinen Geist und treibt ihn an, Neues zu entdecken. Und weil du ebenfalls ein neugieriger Mensch bist, hast du es geschafft, das Kästchen zu öffnen.«
Chiara bekam große Augen. Sie hatte das Rätsel gelöst, stand dafür aber vor einem Neuen.
»Und was fange ich jetzt mit dir an?«
Das Kästchen wusste natürlich sofort eine Antwort auf diese Frage.
»Mit mir zusammen wirst du alle Grenzen der Menschheit hinter dir lassen und auf eine kleine abenteuerliche Reise gehen. Sieh in mich hinein.«
Chiara sah natürlich sofort hinein und entdeckte im Innern ein winzig kleines Raumschiff, welches zwischen noch kleineren Sternen schwebte.
»Bring das Raumschiff nach draußen und es wird dich dafür zu den Sternen fliegen.«
Die Freude war riesig. Chiara lief zurück in den Garten. Ihr Bruder und Mama waren ins Haus gegangen. Sie war also ganz ungestört. Vorsichtig holte sie das Raumschiff aus dem Kästchen und stellte es auf den Boden. Von diesem Augenblick an vergrößerte es sich. Es wuchs, bis es etwa zwei Meter lang war.
Chiara öffnete die Tür und stieg ein. Um sie herum blinken viele kleine Lichter.
»Oh je, so viele Knöpfe. Was passiert, wenn ich den falschen drücke?«
Aber dann fand sie einen ganz großen, auf dem das Wort ›START‹ in großen Buchstaben geschrieben war.
Ohne zu zögern drückte sie ihn und das Raumschiff hob langsam vom Boden ab. Es schwebte höher und höher. Schon bald war es am Hausdach vorbei. Als es schließlich die Wolken erreichte, blieb es in der Luft stehen.
»Warum geht es denn nicht weiter?«, fragte Chiara enttäuscht.
»Suche ein Ziel aus.«, sagte die sanfte Stimme.
Chiara dachte nach und wählte den Mond.
»Ich möchte einmal um ihn herum fliegen.«
Und so geschah es auch. Das Raumschiff gab nun Gas. Schneller als jedes Auto, jeder Eisenbahnzug oder jede Rakete düste es auf das Ziel zu. In Windeseile, es waren nicht einmal fünf Minuten vergangen, erreichte es den Mond.
»Der Mond.«, sagte wieder diese Stimme.
»Er umkreist in nahezu achtundzwanzig Tagen einmal die Erde. Seine Oberfläche ist von vielen kleinen und großen Kratern übersät, die alle durch Meteoriteneinschläge entstanden sind. Er hat keine Atmosphäre wie die Erde. Daher können Menschen auf ihm nicht atmen. Ein Leben auf ihm ist daher nicht möglich.«
Die Stimme erklärte noch viele andere Dinge. Chiara hörte nur zu gern zu, während sie sich alles ganz genau ansah. Sie flog ganz dicht über der Oberfläche hinweg, sah eine alte, amerikanische Flagge, die Astronauten vor vielen Jahren in den Staub gesteckt hatten und auch ein Auto, mit dem sie dort umher gefahren waren.
Sie sah auf ihre Uhr und erschrak.
»Gleich gibt es Abendbrot. Die Mama wird bestimmt sauer, wenn ich nicht pünktlich zu Hause bin.«
Und schon drehte das kleine Raumschiff um und flog zurück zur Erde. Keine fünf Minuten später landete es dort, wo es vorher gestartet war – hinter dem Haus im Garten.
Als Chiara ausgestiegen war, schrumpfte das Raumschiff. Nach wenigen Sekunden passte es wieder in das glänzende Kästchen.
»Ich werde bestimmt öfter in den Weltraum fliegen.«, sagte Chiara zu sich selbst, während sie das Haus betrat.
»Ich bin schon gespannt, was ich noch alles entdecken werde.«

(c) 2010, Marco Wittler

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