878. Ich fing den roten Ball (Mann und Manni 27)

Ich fing den roten Ball

Urlaub. Endlich. Wurde auch mal Zeit.
Meine WG und ich hatten in der letzten Zeit ziemlich viel erlebt. Wir waren mit unseren geistigen und körperlichen Kräften am Ende.
Aus diesem Grund hatten der Mann und die Frau spontan beschlossen, ein paar Tage in der Natur in den Bergen zu entspannen.
Aus der Erfahrung der letzten Jahre heraus, hatten unsere menschlichen Mitbewohner darauf verzichtet, mich in eine Katzentransportbox zu stecken. Sie wollten mein monotones Jaulen nicht noch einmal ertragen müssen. Stattdessen hatten sie sich ein geräumiges Wohnmobil gekauft, das groß genug war, damit wie vier Mietzen uns frei bewegen konnten.
Bewegungsdrang hatte ich allerdings keinen. Ich lag faul auf der Ablage vor dem Beifahrersitz und genoss die Aussicht auf die Autobahn.
Die drei anderen Mietzen, allen voran mein Bruder Lord Schweinenase, der an den Futterresten an seinem Riechkolben zu erkennen war, die hyperaktiven Mini-Mietze und der ängstliche Bengale, waren auf meinen Luxusplatz extrem neidisch. Jeder von ihnen hätte nur zu gern die Ablage für sich in Anspruch genommen. Aber der Thron gebührte nunmal nur dem König.
Immer wieder umschmeichelten sie mich, versprachen mir das Blaue vom Himmel herunter. Ich ließ mich trotzdem nicht erweichen. Dafür war ich einfach viel zu schlau.
Plötzlich flog etwas an meiner Nase vorbei. Ein kleiner, roter Ball schoss auf den Mann zu, der Gefahr lief, von diesem Geschoss in seiner Aufmerksamkeit gestört zu werden.
Todesmutig stürzte ich mich dem Ball in den Weg, schlug ihn mit der Pfote in den hinteren Bereich des Wohnmobils und landete geschmeidig auf meinen vier Pfoten.
Pflichtbewusst sah ich sofort nach dem Ball, kickte ihn ein paar Mal wild über den Boden, bis er unter der Sitzbank verschwand.
Mist!
Ich gab das Spiel auf, trottete wieder nach vorn und musste mir ansehen, wie sich drei Mietzen auf die Ablage gequetscht hatten.
Ich dachte sofort an den Ball zurück und wusste, dass sie mich ausgetrickst hatten. Ich verfluchte meinen verdammten Spieltrieb und verzog mich beleidigt ins große Bett zurück, das ich den restlichen Tag nicht mehr verließ.

(c) 2020, Marco Wittler

Image by Mike Ljung from Pixabay

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