981. Neue Bücher

Neue Bücher

Paula saß in ihrem Zimmer und langweilte sich. Die Bücher, die in ihrem Regal standen, hatte sie gefühlte einhundert Mal gelesen und mit ihren Spielzeugen hatte sie sich über die letzten Monate so intensiv beschäftigt, dass sie nun uninteressant geworden waren.
»Ich weiß nicht, was ich machen soll.«, klagte sie Mama ihr Leid. »Nach draußen gehen kann ich nicht. Es ist kalt und regnet in Strömen. Meine Freunde hab ich auch seit einer Ewigkeit nicht mehr getroffen.«
Mama nickte. Sie konnte es nachvollziehen, wie schwer die Zeit momentan war. Tagsüber konnte sie sich allerdings nicht so gut um ihre Tochter kümmern, da sie im Home Office tätig war und ständig das Telefon klingelte.
»Ich überlege mir was. Vielleicht fällt mir noch etwas ein. Und sobald ich Feierabend habe, ziehen wir uns Gummistiefel und Regenmäntel an und springen zusammen von einer Pfütze in die nächste, dass es nur so spritzt.«
Mama ging in den Keller und kam ein paar Minuten später mit einem großen Karton nach oben. »Da sind meine alten Bücher drin. Die hast du bestimmt noch nicht gelesen.«
Paula seufzte laut. Schon wieder rumsitzen und lesen. Das war mittlerweile auch langweilig geworden. Trotzdem nickte sie und schob die Kiste in ihr Zimmer.
Am Nachmittag konnte Mama endlich den Computer abschalten und ihren Kopfhörer zur Seite legen. Feierabend. Zeit, um mit Paula an die frische Luft zu gehen. Sie öffnete die Tür zum Kinderzimmer und sah, was ihre Tochter mit den Büchern angestellt hatte. Sie hatte aus ihnen ein Haus gebaut und ließ dort ein paar Spielfiguren drin wohnen.
»So war das mit den Büchern aber nicht gemeint.«
Paula blickte hoch und grinste. »Ich habe zuerst darüber nachgedacht, ob ich sie als Mauer aufbauen soll, damit niemand mehr in mein Zimmer kommen kann. Aber spielen fand ich dann doch lustiger.«
Sie stand auf, nahm ihren Fußball aus dem Regal und warf ihn auf das Bücherhaus, das sofort einstürzte.
»Da ist gerade ein Meteorit aus dem All drauf gestürzt. Wir können jetzt nach draußen gehen und in Pfützen springen. Bis die Rettungsmannschaft eintrifft und nach Überlebenden sucht, dauert es eh noch eine ganze Weile.«

(c) 2021, Marco Wittler

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