1002. Franz Fliege hat Hunger

Franz Fliege hat Hunger

Franz Fliege hatte es sich in der Sonne gemütlich gemacht und ließ die warmen Sonnenstrahlen auf seinen Körperpanzer scheinen. Was für ein tolles Leben man als Fliege doch hatte. Man musste nicht arbeiten gehen wie die Menschen und durfte faul sein. Selbst um Futter musste sich Franz kaum kümmern. Er fand immer irgendwo etwa. Selbst mit einem kleinen Krümel vom Mittagstisch oder einem Pollen aus einer Blüte war er schon mehr als zufrieden.
Und während er so über sein perfektes Leben nachdachte, schlief Franz ein. Mit einem guten Ohr hätte man die kleine Fliege sogar schnarchen gehört.
Irgendwann wurde Franz wieder wach. Ein verdammt leckerer Duft war ihm in die Nase gestiegen und bereitete ihm großen Hunger.
»Zeit für einen kleinen Nachmittagssnack.«, freute sich die Fliege, stand auf und streckte ein Bein nach dem anderen lang aus, um sich fit zu machen. Dann schüttelte sie die Flügel aus und startete.
»Dann schauen wir mal, wo sich der Leckerbissen befindet. Weit kann er nicht sein.«
Franz hatte genau richtig vermutet, denn nur wenige Zentimeter von seinem Schlafplatz entfernt, hatte ein Mensch ein Laugengebäck abgelegt.
»Perfekt. Ein Brötchen. Das mag ich besonders gern. Jetzt muss ich nur die Stelle finden, an der der Mensch schon abgebissen hat.«
Diese Suche hatte natürlich einen Grund. Gerade bei Laugengebäck war die Kruste zu hart für Franz. Er wollte sich nicht ewig da durch arbeiten müssen, um an das weiche Innere zu kommen. Er begann also das Futter zu umrunden.
Er flog und flog, machte mal eine Kurze zur einen, mal eine Kurze zur anderen Seite. Aber egal, wohin und wie weit ihn die Suche trieb, er fand keine Einbissstelle.
»Verdammt! Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ich habe Hunger. Wie kann es sich die Mensch erlauben, ein ganzes Brötchen hier liegen zu lassen?«
Dazu kam noch, dass Franz völlig verwirrt war. Er war es gewohnt, dass man bei einem Brötchen nur im Kreis fliegen musste. Dieses hier hatte aber ungewöhnlich viele Kurven. Es wurde ihm zu bunt. Franz gab Gas und flog ein Stück höher, um sich das Brötchen genauer anzuschauen.
»Oh, nein. Das hätte mir auch sofort einfallen können.«
Franz schwebte gar nicht über einem Brötchen. Es war eine Laugenbrezel, an der er immer wieder entlang geflogen war, ohne ein Ende zu finden.
»Brezeln sind doof. Ich mag keine Brezeln. Ich suche mir jetzt eine Blume. Pollen sind eh viel besser. Das hat der Mensch jetzt davon.«

(c) 2021, Marco Wittler


Image by Katherine Ab from Pixabay

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