749. Notizzettel (ohne Bilder)

Die folgende Geschichte besteht aus reinem Text. Wenn du die illustrierte Fassung lesen möchtest, inkl. Notizzettel, dann klick HIER!

Notizzettel

Nach dem Mittagessen verdrückte sich Fabio ganz schnell in sein Zimmer. Die Aufgabe, die ihm Mama gegeben hatte, wollte er so möglichst umgehen. Er hasste es, die Spülmaschine ausräumen zu müssen.
»Wenn die mich nicht sehen, vergessen sie es vielleicht und kümmern sich selbst um das Geschirr. Dann kann ich hier in Ruhe meine Comics lesen.«, murmelte er vor sich hin und grinste breit.
Zwischendurch drückte ihn irgendwann die Blase. Fabio stand von seinem gemütlichen Sessel auf und ging zur Toilette. Als er ein paar Minuten später wieder ins Zimmer kam, fand er einen kleinen selbstklebenden Notizzettel auf seinem Sessel.

Hallo Fabio!

stand darauf.
Fabio sah sich um. Es war sonst niemand im Raum.
»Ähh … hallo.«, sagte er und zog den Zettel ab. Darunter fand er einen Zweiten.

Wie geht es dir?
Also mir geht es sehr gut.

»Hm.«, überlegte Fabio. »Ja. Mir geht es auch gut.«

Schau doch mal zur Tür.

forderte ihn der dritte Zettel auf.
Fabio sah sich um. Tatsächlich klebte da eine weitere Nachricht, die nur auf ihn wartete.
»Was hat das denn alles zu bedeuten.«, wunderte er sich und las die nächsten Zeilen.

Ist es nicht langweilig, die ganze Zeit allein in deinem Zimmer zu sitzen?

lautete die Frage.
»Ja, irgendwie schon.«, antwortete Fabio, nahm den Zettel von der Tür und las, was auf dem nächsten stand.

Was hältst du von einem kleinen Spiel? Machst du mit?

Fabio nickte. Spiele waren immer gut, besonders wenn es sich um ein ganz Neues handelte, das er noch nicht kannte.
Die sechste Nachricht lockte ihn aus dem Zimmer.

Dann geh doch mal ins Badezimmer. Da findest du den nächsten Hinweis.

Fabio öffnete seine Tür und schlurfte Richtung Bad. Als sein Blick auf den Wandspiegel fiel, entdeckte er einen neuen Notizzettel.

Von hier aus ist es nicht mehr weit. Du hast dein Ziel bald erreicht.

Er grinste. Das ging wirklich flott. Im Erraten von Geheimnissen war er schon immer besonders gut gewesen.
Fabio zog den Zettel vom Spiegel und bekam weiteren Lesestoff.

Bevor es weiter geht, kannst du dir noch die Hände waschen. Du bist ja eh schon hier. Aber nicht die Seife vergessen.

Er seufzte. Das Spiel war doch nicht so cool, wie er dachte. Die Zettel hörten sich jetzt schon wie Mama an. Trotzdem folgte er der Anweisung und zog erst dann den Zettel ab.

Jetzt kannst du dich auf den Weg zum Elternschlafzimmer machen.

Fabio nickte wieder und ging eine Tür weiter. Doch vom Betreten des Raums wurde er abgehalten.

Hier wirst du dein Ziel nicht finden. Aber die Richtung stimmt. Geh weiter. Einmal quer durchs Wohnzimmer. Du hast es fast geschafft.

Juhuu! Bald würde er wissen, was diese geheimnisvollen Nachrichten zu bedeuten hatten.
Fabio ging durchs Wohnzimmer, vorbei an Mama und Papa, bis er an der Flurtür ankam.
Da entdeckte er auch schon den nächsten Zettel.

Jetzt bist du ganz nah dran. Nur noch ein paar Meter. Geh in die Küche.

Das Grinsen in seinem Gesicht wurde breiter. Was würde er wohl vorfinden? Einen Schatz? Oder einen leckeren Nachtisch? Vielleicht ein Eis?
Fabio ging in die Küche. Finden konnte er allerdings nichts. Das konnte doch nicht sein. War das etwa ein blöder Scherz? Hatte ihn jemand auf den Arm genommen?
Doch dann sah ihn. Im Regal entdeckte er zwischen zwei Reispackungen wieder einen gelben Zettel.
»Ha! Hab ich dich!«
Er schob die Packungen zur Seite, holte die Nachricht hervor und las, was dort stand.

Hier ist das Spiel zu Ende. Prima! Du hast alle Zettel gefunden. Ganz toll hast du das gemacht.

Fabio war richtig stolz auf sich selbst. Er sah, dass unter dem Zettel ein Letzter klebte und sah nach.

Ach so! Wenn du grad schon hier bist, dann räum bitte die Spülmaschine aus.
Vielen Dank!
Mama

Fabio stöhnte genervt auf. Hatte sie ihn mit einem ganz fiesen Trick hereingelegt.
Frustriert erledigte er seine Aufgabe und nahm sich vor, sich nie wieder von kleinen Zetteln durch die Wohnung leiten zu lassen.

(c) 2019, Marco Wittler

2 Kommentare

  1. Wow!!

    Ich wünschte mir, ich könnte nur halb so gut schreiben wie du es machst und kannst!
    Ideen habe ich auch ab und zu – aber ich bekomme es einfach nicht hin, das auch mal in einen Text umzusetzen – mein Kompliment an dich und deine wunderschönen Geschichten!!

    LG
    Jürgen

    • Hallo Jürgen.
      Vielen Dank für dein Lob. Das Schreiben und das Schreiben lernen ist ein langer Prozess. Da stimmt wirklich, dass Übung den Meister macht. Ich habe mich mit den Jahren (bald 20 an der Zahl) immer weiter verbessert, meine eigenen Ansprüche an Sprache und Wortwahl immer weiter nach oben geschraubt. Nach mittlerweile über 1.100 Geschichten (auf drei Blogs verteilt) verändert sich da schon einiges. Wenn ich die alten Texte von früher lese, wundere ich mich selbst über meinen damaligen Stil.
      Wenn du selbst Ideen hast, aber nicht weißt, wie du sie umsetzen sollst, wenn dir die Worte fehlen, wie wäre es denn mit einer Zusammenarbeit? Der eine hat die Ideen, der andere findet die passenden Worte und Sätze. Könnte auch ein spannendes Projekt sein.

      Lieben Gruß,
      der Marco

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