820. Ein Rennen durch den Wald

Ein Rennen durch den Wald

Die Sonne war bereits untergegangen und die Dunkelheit der Nacht machte sich minütlich breiter.
»Okay, Leute, macht euch bereit. Es ist wieder so weit.«
Eine kleine Gruppe halbstarker Fledermäuse war gerade am Eingang ihrer Schlafhöhle erschienen. Frisch ausgeschlafen waren sie voller Tatendrang und wollten sich unbedingt austoben.
»Ich gebe das Startsignal, dann könnt ihr Euch auf den Weg machen.«, erklärte die Größte von ihnen die altbekannten Regeln. »Ich startet hier, fliegt auf schnellstem Wege zur alten Eiche, umrundet sich und kommt wieder zu mir zurück. Der Gewinner übernimmt dann ab Sonnenaufgang meinen luxuriösen Schlafplatz für einen Tag und darf das morgige Rennen starten.«
Die Fledermäuse nickten, rückten ihre Fliegerbrillen zurecht und flatterten aufgeregt mit den Flügeln.
»Drei … zwei … eins … LOS!«
Die Gruppe sauste davon und verwand Sekundenbruchteile später in der Nacht.
Es ging vorbei an Ästen, an Sträuchern und dicken Baumstämmen. Hin und wieder war ein menschlicher Spaziergänger, der hier wohl vergessen worden war, im Weg und musste geschickt umflogen werden.
Irgendwann, nach ein Paar Minuten, kam die alte Eiche in Sicht. Trotz der voran schreitenden Nacht war sie gut zu erkenen.
Dicht an dicht tummelten sich die Fledermäuse. Ein Favorit, ein Sieger war noch nicht auszumachen. Jede von ihnen hatte noch die Chance auf den heiß begehrten Schlafplatz in der Höhle.
Sie kamen der Eiche immer näher. Nur noch wenige Meter trennten sie vom großen Baum.
Doch dann blitzte es plötzlich hell auf. Von allen Seiten tauchten Lichter auf und umringten die Fledermäuse.
»Verflixt!«, rief eines der Flugtiere. »Geschwindigkeitskontrolle. Diese verdammten Glühwürmchen verstecken sich aber auch überall mit ihren Blitzern.«
»Die Flugpapiere, bitte.«, kam die übliche Aufforderung, bevor saftige Ordnungsstrafen verteilt wurden.
Einen Gewinner des Rennens sollte es in dieser Nacht nicht mehr geben. Der begehrte Schlafplatz in der Höhle blieb dieses Mal leer.

(c) 2020, Marco Wittler

Bildquelle: Pixabay

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