Flaschenpostbote Knut wandelt auf Freiersfüßen
Flaschenpostbote Knut hatte sich einen Tag frei genommen. Ausnahmsweise war er mal nicht mit seiner ledernen Umhängetasche unterwegs. Stattdessen hielt er einen Strauß aus Seegras, Seetang und Algen in der Hand. Damit wollte er seine angebetete Eleonore, der schönsten Meerfrau der Stadt überraschen und ihr sein Herz schenken.
Knut strich sich noch einmal seinen Schnurrbart zurecht und schwamm quer durch die ganze Stadt. Natürlich hätte er auch den Bus oder ein Delfintaxi nehmen können, aber er wollte den Weg eigenständig hinter sich bringen. So hatte er auch genug Zeit, sich Gedanken über seine Worte machen zu können, die er an Eleonore richten wollte. Doch dann geschah etwas, das Knut nicht verhindern konnte.
Aus einer dunklen Seitengasse stürmten ein paar Meerkinder hervor. Sie achteten nicht auf den Flaschenpostboten und prallten mit ihm zusammen.
Knut rappelte sich mühsam wieder auf, verscheuchte die Kinder und sah sich nach seinem Strauß um. Von den empfindlichen Pflänzchen war nicht mehr viel übrig geblieben. Die Halme waren alle geknickt oder sogar gerissen.
»Beim Neptun! Was mache ich denn jetzt nur? Die kann ich Eleonore keinesfalls schenken.«
Verzweifelt sah er sich. Aber weder oben, noch unten, auch nicht links oder rechts, vor oder hinter ihm waren Wiesen zu finden, auf denen er einen neuen Strauß hätte pflücken können.
Knut seufzte laut. Er musste seine Verabredung wohl oder übel absagen. Traurig legte er sich auf den Boden und starrte zum Meeresspiegel hinauf, über den gerade ein Schwarm Möwen entlang flog.
»Moment mal. Das ist es. Ich habe eine Idee.«
Knut kam hoch, schwamm hinauf und tauchte aus dem Wasser. Er rief die Möwen zu sich und bat sie um ein paar Federn, die er zu einem neuen, recht ungewöhnlichen Strauß band.
»Damit werde ich die schöne Eleonore bestimmt glücklich machen.«
Der Flaschenpostbote ließ sich wieder in die Stadt unter dem Meer sinken und schwamm zu seiner Verabredung.
(c) 2021, Marco Wittler
Bild: Nik Karlov auf Pixabay
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