1430. Um Mitternacht öffnen sich die Gräber

Um Mitternacht öffnen sich die Gräber

Es war eine ruhige und beinahe stille Nacht. Die Stadt und die Straßen waren leer. Nur ein paar wenige Grillen zirpten eine einsame Melodie zum leise säuselnden Wind. In der Ferne begann eine Kirchturmglocke zur Mitternacht zu schlagen.
Auf den kleinen Friedhof regte sich plötzlich etwas. Auf einem der Gräber begannen sie Blumen und Büsche zu zittern. Das hölzerne Kreuz fiel um und zerstörte dabei ein Kerzenglas.
Eine Hand hellgrau verfärbte Hand kämpfte sich auf der Tiefe ins Freie. Ihr folgte eine zweite Hand. Gemeinsam zogen sie einen stark verwesten Körper aus der Erde. Ein Zombie, ein Wesen zwischen Leben und Tod, schleppte sich zu den nächsten Gräbern, klopfte immer wieder gegen Grabsteine und Kreuze und lockte damit seine Artgenossen hervor.
Die Gruppe wuchs an. Irgendwann folgten zwanzig Untote dem ersten Zombie. Unter lautem Gestöhne schlurften sie langsam auf den Ausgang zu, um sich auf den Weg in die Stadt zu machen. Sie waren auf der Jagd nach lebenden Opfern, die überfallen konnten.
Die Monster, die mehr nur aus Knochen statt aus Fleisch und Blut bestanden, kamen an einer kleinen Kapelle vorbei. Dort blieben sie für einen Moment stehen und betrachteten sich in einem der hohen Glasfenster.
»Du meine Güte!« Einer von ihnen sprach aus, was sie alle dachten. »Wir haben uns beim Ausgraben mit Erde eingesaut. So können wir unmöglich auf die Straße gehen. Was sollen denn die Leute von uns denken.«
Die Zombies stöhnten laut. Sie waren unglaublich enttäuscht. Sie drehten um, suchten ihre Gräber auf und verschwanden wieder unter der Erde. Das gemeinsame Nachtmal musste auf später verschoben werden.

(c) 2022, Marco Wittler

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