1489. Der Boss und sein Flattermann (01): Papageientaucher

Der Boss und sein Flattermann

Tier 01: Papageientaucher

»Hey, Flattermann, komm her.« Der Boss hatte sich gerade in seinen großen, gemütlichen Sessel fallen lassen, nahm einen großen Schluck aus seinem Kaffeepott und seufzte wohlig. »Kaffee ist definitiv meine beste Erfindung.«
Er sah auf. »Was steht für heute im Kalender, Flattermann?«
Der Geflügelte verdrehte die Augen. »Ich bin doch ein Engel, Boss.« Er nahm das Tablet vom Schreibtisch, tippte auf dem Display und drehte es herum. Heute erschaffen wir die Tiere. Darauf bin ich schon sehr gespannt.«
Der Boss nickte. Als hätte er es schon oft getan, griff er in eine Schale, holte daraus eine Masse hervor und formte daraus einen kleinen Vogel. »Hm. Könnte man glatt mit einem Pinguin verwechseln. Keine gute Idee.«
Der Engel runzelte die Stirn. »Was ist denn ein Pinguin?«
Der Boss lachte herzhaft und strich sich über den langen, weißen Bart. »Ach, nix. Der kommt später. Ich habe allerdings schon ein fertiges Bild im Kopf.« Er nahm noch eine Hand voll Formmasse und bastelte dem Vogel einen übergroßen, bunten Schnabel ins Gesicht. »Fertig ist der Papageientaucher.«
Durch ein kurzes Fingerschnippen erwachte der kleine Vogel zum Leben. Er holte tief Luft, sah sich um und entdeckte sein eigenes Antlitz in einem Spiegel.
»Hm.« Skeptisch betrachtete er sich. »Körper und Füße wie ein Pinguin. Aber der Schnabel ist viel zu groß. Was ist meine Aufgabe in der Welt, Boss?«
Der Boss holte sein altes, vergilbtes Notizbuch hervor und blätterte in den Seiten. »Du wirst auf einer kargen, schroffen Insel leben. Ich denke, Island könnte dafür ein guter Name sein. Du wirst dort in großer Zahl nach Fischen tauchen und den Fischern das Leben schwer machen.«
»Oh, ich darf Fisch fressen? Klingt lecker. Wann erschaffst du ihn?«
Der Boss schüttelte energisch den Kopf. »Du tust nur so. Die Menschen werden viel zu viel Fische in der Zukunft fangen. Wenn sie aber deine großen Vogelschwärme sehen, werden sie wissen, dass nichts mehr zu holen ist und verschwinden.«
Der Papageientaucher nickte. Er hatte verstanden. »Ich werde also ein Tierschützer und Park-Ranger sein.«
Stolz breitete er zum ersten Mal seine Flügel aus und flatterte aus dem Fenster.
»So etwas in der Art.«, sagte der Boss und sah dem kleinen Vogel nach, wie er sich auf den Weg in seine neue Heimat machte.
»Sie haben ihn doch bestimmt nur deshalb geschaffen, weil er mit dem riesigen Schnabel so lustig aussieht.«
Der Boss drehte sich um und hielt einen Finger an seine Lippen. »Nicht alles verraten, Flattermann.«

(c) 2023, Marco Wittler

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