739. Schnecken im Weltall

Schnecken im Weltall

Papa hatte eine weite Reise hinter sich. Doch die war ein Nichts im Vergleich zur nächsten Reise, die ihm jetzt bevor stand.
Papa befand sich seit einigen Tagen in Kasachstan auf dem Raumflughafen Baikonur. Von dort aus starteten die Raketen ins Weltall.
Er saß mit seinen Kollegen gemeinsam in einer Raumkapsel und sollte in wenigen Augenblicken starten
»Noch 30 Sekunden bis zum Start.«, plärrte eine Stimme aus einem Lautsprecher.
»Was macht ihr als Erstes, wenn wir auf der Raumstation angekommen sind?«, fragte Papa die anderen Astronauten.
»Ich gehe sofort zur Toilette.«, bekam er die Antwort. Ich hasse es, in meinem Raumanzug eine Windel tragen zu müssen.«
Die drei Männer lachten laut.
»Und wie sieht es bei dir aus?«, sah Papa den Nächsten neugierig an.
»Ich werde meine Kamera auspacken und Fotos von der Erde machen. Ich war noch nie im Weltall und freue mich schon sehr darauf, meinen Heimatplaneten von oben sehen zu können.«
Papa nickte. Das hatte er bei seinem ersten Flug zur Raumstation auch gemacht.
»Und was wird das Erste sein, dass du machst, wenn wir am Ziel sind?«, kam nun die Rückfrage an Papa.
Papa grinste breit und zeigte auf seinen Rucksack, der in einem kleinen Schrankfach verstaut war.
»Ich hole als Erstes meine Brotdose aus meinem Rucksack. Meine Frau hat mir süße Schnecken mit Zimt, mit Nüssen, mit Mohn gebacken. Die esse ich besonders gern. Dazu dann einen heißen Kaffee. Mehr brauche ich nicht.«
Sie lehnten sich zurück und warteten auf den Start.
»Fünf … Vier … Drei … Zwei … Eins … Null!«
Die Rakete hob von der Erde ab und düste ins All.

Drei Tage später war es endlich so weit. Die Astronauten dockten an der Raumstation im All an und stiegen um.
Sie wurden herzlich von ihren Kollegen begrüßt, die sich schon seit einigen Monaten hier oben befanden.
Danach kochte sich Papa einen Kaffee, setzte sich vor eines der Fenster und sah verträumt zur Erde hinab.
Er trank einen Schluck und nahm dann seine Brotdose in die Hand. Er freute sich schon sehr darauf, sein Gebäck essen zu können. Viel zu lange hatte er darauf warten müssen. Er hob den Deckel an und staunte nicht schlecht. Vor ihm lagen zwei Schnecken. Sie waren allerdings nicht gebacken, sondern schleimten auf einem Salatblatt hin und her.
»Echte Schnecken?«, wunderte er sich. »Wie kommen die denn hierher?«
Papa fand einen Zettel, der unter dem Salat lag und las ihn sich durch.

Hallo Papa.
Das sind Anton und Peter. Meine Lieblingsschnecken. Ich habe sie im Garten gefunden und eine Weile mit ihnen gespielt. Als ich ihnen erzählt habe, dass mein Vater ein waschechter Astronaut ist, waren sie mächtig begeistert und wollten auch unbedingt mal ins Weltall fliegen. Und weil du Schnecken doch so magst, habe ich sie dir in deine Brotdose gepackt.
Ich wünsche euch da oben ganz viel Spaß zusammen.
Dein Sohn Paul.

Papa seufzte laut. Da hatte ihm Paul ja einen schönen Strich gespielt. Er nahm die beiden Schnecken aus der Dose und setzte sie auf die Glasscheibe.
»So, dann seht ihr auch mal was von der Welt.«
Er lehnte sich zurück, trank weiter seinen Kaffee und genoss nun nicht mehr alleine die Atem beraubende Aussicht.

(c) 2019, Marco Wittler

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