1157. Der Werwolf heult

Der Werwolf heult

Erich lag in seinem Bett und konnte nicht schlafen. Irgendetwas war da, dass ihn wach hielt. Schon seit Stunden wälzte er sich hin und her, stand auf, ging zur Toilette, trank etwas und wälzte sich erneut im Bett. Doch das Alles half nichts. Der Weg in seine sonst so angenehmen Träume blieb ihm verwehrt.
Erich hatte irgendwann die Nase voll. Er wechselte seinen Pyjama gegen Hemd und Hose, zog seine Schuhe an und ging noch einmal nach draußen. Er hatte oft genug in seinem Leben gehört, dass frische Luft müde machen würde. Vor der Haustür atmete er ein paar Mal tief durch und spürte sofort, dass die Kälte der klaren Herbstnacht ihn nur noch wacher machte.
»Verdammt!« Er hatte langsam die Schnauze voll. »Was soll ich denn jetzt noch machen? Ich kann unmöglich um diese Zeit noch mit dem Joggen anfangen.«
Er drehte sich im Kreis und fluchte laut. Dabei fiel sein Blick auf den Vollmond, der groß und hell leuchtend am Himmel hing. Nun wurde Erich klar, warum er nicht einschlafen konnte.
»Oh nein. Es ist schon wieder so weit. Wie konnte ich das nur vergessen?«
Er krümmte sich. Sein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen und schmerzte. Die Muskel blähten sich auf und sprengten die Kleidung. Auf der nackten Haut wuchs dichtes, dunkles Fell. Aus Fingern wurden Krallen und das Gesicht zog sich in die Länge und machte einem Maul mit langen, scharfen Zähnen Platz. Aus einem alten Mann war ein Werwolf geworden.
Mit Leichtigkeit schwang sich das Untier an einem Laternenmast empor und heulte laut den Mond an. Noch ein Stück über ihm öffnete sich ein Fenster. Ein wütender Kopf kam hervor.
»Ruhe, verdammt nochmal! Wie kann man um diese gottlose Zeit mit seinem Hund Gassi gehen?«
Sekunden später kippte er eine Schüssel eiskaltes Wasser über dem Werwolf aus und verschwand im Innern seiner Wohnung.
Erich schrie vor Schreck laut auf. Augenblicklich verlor er sein Fell und schrumpfte zu seiner normalen Größe zurück.
»Wie ich das hasse. Jeden Monat das selbe Problem. Wie soll ich denn jemals etwas gegen meinen unstillbaren Hunger unternehmen, wenn ich gar nicht lange genug Werwolf bin?«
Unzufrieden ging er nach Hause und legte sich zurück in sein Bett.

(c) 2021, Marco Wittler


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