1240. Jans Leuchtturm

Jans Leuchtturm

Jan war unglaublich stolz. Viele Jahre hatte er sein Geld gespart, um sich seinen großen Traum zu erfüllen, den er schonseit Kindertagen gehegt hatte. Sein Plan war es immer gewesen, sich ein Grundstück am Meer zu kaufen, um sich einen eigenen Leuchtturm darauf zu bauen. Und nun war es endlich so weit.
Jan hatte tatsächlich ein kleines Stück Land direkt an den Dünen hinter dem Schrank bekommen. In harter Arbeit hatte er ganz allein Stein für Stein aufeinander gelegt und den Leuchtturm Wirklichkeit werden zu lassen.
Natürlich hatten die Bewohner des kleinen Ortes immer wieder ein Auge auf die Baustelle geworfen, Jan belächelt und ihn beinahe täglich darauf hingewiesen, dass es keinen Leuchtturm in strandnähe brauchte immerhin stand ein sehr großes Leuchtfeuer am Marktplatz, das seit über einhundert Jahren der Seefahrt gute Dienste leistete. Aber das hielt Jan trotzdem nicht davon ab, sich seinen Traum zu erfüllen.
Nach zwei weiteren Jahren war sein Werk vollendet. Der Leuchtturm war fertig und erstrahlte frisch angestrichen in weißen und grünen Streifen.
Während ein Umzugswagen Jans Möbel anlieferte, versammelten sich nun auch vermehrt die Nachbarn. Wollte tatsächlich jemand in diesem kleinen Ding leben?
»Nah, wie hoch ist dein Turm?«, fragte ein alter Seebär, der die meiste Zeit seines Lebens auf einem Schiff verbracht hatte. »Das sind doch höchstens fünf Meter. Wie soll denn so ein kleiner Turm meinen Kollegen den Weg in den sicheren Hafen weisen? Das wird ja kaum bis zur ersten Welle reichen.«
Die Menge, die nun immer größer wurde, begann zu lachen. Ja, so einen erbärmlich kleinen Leuchtturm hatten sie wirklich noch nirgendwo an der lange Küste stehen sehen.
Jan kümmerte das alles nicht. Ihm war ganz egal, was andere über ihn und seinen Traum dachten. Er hatte alles erreicht, was er sich vorgenommen hatte und war damit mehr als glücklich.
»Wenn erst der große Leuchtturm am Abend eingeschaltet wird, wird er deinen Leuchtzwerg völlig überstrahlen.«
Jan zuckte nur mit den Schultern. Schon bald würden alle anderen sehen, was er sich erschaffen hatte.
Der Abend rückte näher, die Sonne sankt zum Horizont hinab. Ihr hellgelber Farbton wandelte sich zu einem satten Orange, dass nun die Dünen und den Leuchtturm umspielte. Es sah aus, als wäre er in ein warmes Feuer getaucht, in der nun erstrahlte.
Den Nachbarn blieb die Spucke weg. So schön hatte das Leuchtfeuer im Dorf noch nie erstrahlt, dafür war von zu vielen Häusern umgeben, die Schatten auf ihn warfen.
Jan stellte indessen einen Tisch neben seinen Turm und mehrere gemütliche Stühle um ihn herum. »So, ihr lieben Leute. Wer hat Lust auf eine heiße Tasse Tee? Dann können wir gemeinsam meinen Einzug feiern und den Sonnenuntergang genießen.«
Ja, das war eine richtig gute Idee. Die Nachbarn waren ein wenig beschämt und entschuldigten sich bei Jan, der in den nächsten Tagen zu einem beliebten Freund wurde und jeden Abend zu Tee zum Sonnenuntergang einlud. Der kleine Leuchtturm in grünen und weißen Streifen entwickelte sich schnell zu einem Ausflugsziel für viele Menschen aus Nah und Fern.

(c) 2022, Marco Wittler

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