Die Diebesbande
Wuff lag in der Nacht in seinem Korb und schlief tief und fest. Hin und wieder schnarchte er lauter als sein Herrchen oder zuckte wild mit den Pfoten.
Irgendwann quälte ihn ein ungutes Gefühl in der Magengegend. War das etwa Hunger?
Wuff wurde wach, streckte sich, gähnte einmal, zweimal, streckte sich wieder und stand auf.
Sein erster Weg führte den Hund in die Küche zum Fressnapf. Diesen hatte er allerdings schon am Abend geleert und es würde wohl auch nichts Neues vor dem Frühstück geben. Es hätte also auch keinen Sinn gehabt, Frauchen zu wecken. Es war zum Verzweifeln.
Wuff lief in der Wohnung hin und her. Hatte vielleicht irgendjemand in der Familie etwas Fressbares liegen lassen? Vielleicht ein belegtes Brot oder einen Keks auf dem Wohnzimmertisch. Aber nein. Die Suche endete erfolglos. Jetzt gab es nur noch eine letzte Möglichkeit, den großen Hunger zu stillen.
Wuff ging zur Kellertreppe, sah hinab in die Dunkelheit. Er schluckte schwer. Dort hinab traute er sich natürlich wieder nicht. Die Kinder hatten sich mal erzählt, dass ein Geist dort unten leben sollte. Einem solchen Wesen wollte der Hund natürlich nicht begegnen.
Wuff dachte nach. Wie konnte er an die Vorräte kommen? Da machte es plötzlich Klick in seinem Kopf. Hätte er seine Lefzen nach oben ziehen können, wäre er nun mit einem breiten Grinsen durch das Haus gelaufen.
Er trottete zur Hundeklappe, die sich in der Haustür befand, steckte den Kopf raus und bellte einmal. Sekunden später kam ein Trupp Ameisen aus einem nahen Erdloch.
»Ich brauche euch.«, sagte Wuff knapp. Die Ameisen folgten ihm.
»Ich hab Hunger. Futter ist das unten im Keller. Wenn ihr was herauf holt, teilen wir die Beute. Ich werde hier oben Wache schieben, damit uns niemand erwischt.«
Das gefiel den kleinen Insekten. Sie machten sich sofort auf den Weg in die Dunkelheit. Kurz darauf kamen sie mit einzelnen Nudeln wieder nach oben. Immer abwechselnd legten sie eine vor Wuffs Pfoten ab, die andere Hälfte wurde gleich nach draußen gebracht.
Der Hund strahlte glücklich und verschlang die Nudeln. Der Hunger war besiegt, die Nacht gerettet.
(c) 2020, Marco Wittler
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