956. Paul sucht seine Geschenke

Paul sucht seine Geschenke

Am Morgen des ersten Weihnachtstages wurde Paul schon sehr früh wach. Er war unglaublich aufgeregt. War er in diesem Jahr artig genug gewesen? Hatte der Weihnachtsmann ihm ein Geschenk unter den Christbaum gelegt?
Eigentlich hatte Mama ihm gesagt, im Bett zu warten, bis sie ihn holen würde. Aber wer Paul kannte, wusste, dass er es nicht so lange aushalten würde.
Paul grinste und stand auf. Auf leisen Sohlen schlich er sich durch das Haus, ging die Treppe hinunter und öffnete die Wohnzimmertür.
Er ging hinein, machte hinter sich zu und sah sich um. Die vielen Kugeln am Christbaum glitzerten und glänzten, die elektrischen Kerzen der Lichterkette leuchteten heute besonders hell. Darunter standen mehrere Pakete, die in buntes Papier gehüllt waren und nicht sofort preisgeben wollten, was in ihnen steckte.
»Dann schaue ich mich mal etwas um. Vielleicht kann ich schon herausfinden, was ich dieses Jahr bekomme. Wird schon niemandem auffallen.«
Paul setzte sich vor die Geschenke. Bevor er eines von ihnen auspackte, holte er aus der Tasche seiner Hose eine Schere und eine Rolle Klebestreifen hervor.
»Soll niemand denken, dass ich mich nicht vorbereitet habe.«
Sein Blick wanderte über die Pakete und entdeckte schnell eines, das seinen Namen trug. PAUL stand dort in großen Buchstaben auf einer kleinen Karte geschrieben.
Er schnappte es sich, zog es langsam zu sich herüber. Um noch einmal sicher zu gehen, nicht erwischt zu werden, sah sich Paul ein letztes Mal im Wohnzimmer um.
Mama und Papa waren nicht da, aber irgendwer saß in dem großen Sessel, der normalerweise für Oma reserviert war. Die konnte aber unmöglich so früh schon hier sein. Eine große Hand war über die Lehne gefallen. Jemand schlief hier.
Paul stand auf, umrundete den Sessel und sah den leibhaftigen Weihnachtsmann vor sich, der hier ein Nickerchen hielt.
»Verdammt nochmal!«, murmelte er leise. »Wenn ich jetzt meine Geschenke öffne und mich der Weihnachtsmann dabei erwischt, komme ich auf die Liste mit den unartigen Kindern. Dann gibt es nächstes Jahr gar nichts für mich.«
Enttäuscht schlich sich Paul zurück in sein Zimmer, legte sich wieder ins Bett und wartete darauf, von Mama abgeholt zu werden.

(c) 2020, Marco Wittler


Image by Gerd Altmann from Pixabay

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