959. Santa Claus ist der Beste

Santa Claus ist der Beste

Santa Claus machte sich bereit. Der Sack mit den vielen Geschenken lag bereits an seinem Platz, die Rentiere hatten die Geschirre angelegt und der große Schlitten war blitzeblank geputzt.
Er verabschiedete sich noch einmal bei seinen vielen helfenden Händen, die in den letzten Monaten wirklich alles gegeben hatten, damit auch dieses Jahr ein wundervolles Weihnachten stattfinden konnte.
Er drehte sich noch einmal im Kreis, lächelte jeden Einzelnen an und winkte. Dann setzte er den ersten Fuß auf die Aufstiegsstufen des Schlittens.
»Moment mal!«
Santa Claus griff links und rechts in seine tiefen Taschen, suchte darin etwas, konnte es aber nicht finden.
»Verdammt! Es muss doch irgendwo sein. Hoffentlich habe ich es nicht verloren.«
Er bückte sich, sah unter den Schlitten und ums ich herum. Nichts.
»Es muss doch hier irgendwo sein. Wenn ich das jetzt verbocke, hab ich echt ein großes Problem und muss ein trauriges Herz bis zum nächsten Jahr vertrösten. Das werde ich mir nie verzeihen.«
Rentier Rudolph legte sein Geschirr ab, und kam sichtlich irritiert näher.
»Alles in Ordnung, Chef? Was suchst du denn?«
Santa unterbrach kurz die Suche, blickte hoch und sagte mit völliger Selbstverständlichkeit: »Das Auge, was denn sonst?«
Rudolph riss seine eigenen Augen auf und schluckte schwer.
»Aber, Chef, ich sehe doch deine beiden Augen. Du hast keines davon verloren. Wie kommst du nur auf diese Idee?«
Santa Claus seufzte laut, stand wieder auf und klopfte sich den Schnee von Mantel und Hose.
»Es geht doch nicht um mein Auge. Es sollte ein Geschenk werden. Leider ist es erst so spät eingetroffen, dass es nicht mehr eingepackt werden konnte. Ich habe es in meine Tasche gesteckt und dann verloren.«
Er stapfte zurück.
»Jetzt muss ich mir etwas einfallen lassen.«
Santa Claus betrat sein Haus, ging schnellen Schrittes in den Hobbyraum seiner Frau und holte ihren großen Nähkoffer aus dem Schrank. Er klappte ihn auf, hätte dabei fast den gesamten Inhalt über den Boden verstreut und suchte anschließend ein paar Minuten darin herum.
»Hier muss doch irgendwas drin sein.«
Er holte einen großen, orangen Knopf hervor, sah ihn sich von allen Seiten genau an und steckte ihn in die Tasche.
»Ist besser als Nichts. Der muss reichen. Bin eh schon zu spät dran.«
Santa Claus lief zurück zum Schlitten und stieg auf.
»Es kann losgehen.«
Rudolph sah seinen Chef kritisch an.
»Du hast jetzt nicht wirklich ein Auge in der Tasche, oder? Ist das nicht etwas eklig?«
»Nein. Wo denkst du denn hin? Ich hab keins mehr gefunden und habe deswegen etwas eingesteckt, das fast genau so gut ist.«
Der Schlitten flog los, raste über weite Schneelandschaften hinweg und sauste der ersten Stadt entgegen.
»Stopp!«, rief Santa Claus. »Hier machen wir einen kurzen Zwischenhalt.«
Rudolph sah sich um. Es war weit und breit kein Wohnhaus zu sehen. Sie schwebten über dem Dach eines Spielwarenladens.
»Ja, wir sind hier wirklich richtig. Mach dir da mal keine Sorgen.«
Santa Claus stieg aus, hüpfte auf das Dach und ließ sich durch den Kamin ins Gebäude hinab.
»Was macht der? Was hat er vor?«
Rudolphs Neugier war übergroß. Was passierte hier?
Er nahm sein Geschirr ab, schwebte zum Boden und blickte heimlich durch das Schaufenster ins Innere des Ladens, wo er seinen Chef vor einem der Regale stehen sah. Das Rentier legte eines seiner Ohren an die Glasscheibe und lauschte.
»Es tut mir wirklich außerordentlich leid, kleiner Teddy, dass ich dir deinen sehnlichsten Weihnachtswunsch nicht so erfüllen kann, wie ich es gern getan hätte. Ich war zu unvorsichtig und habe dein Auge verloren. Ich kann dir nur einen Ersatz anbieten, der aber nicht wirklich ein Auge ersetzen kann.«
Santa Claus holte den übergroßen, orangen Knopf aus der Tasche und nähte ihn dem Teddy sorgfältig ins Gesicht.
Als er fertig war, sah sich der Teddy im Laden um, hielt sich mehrfach die Pfoten vor seine nun zwei Augen und lachte erfreut.
»Wow! Das ist ja unglaublich. Ich kann endlich richtig sehen. Du hast mir das schönste und wertvollste Geschenk gemacht, dass sich ein Kuscheltier, dass nur mit einem Auge zur Welt kam, wünschen kann.«
Der Teddy sah in die Glasscheibe einer Vitrine und betrachtete sein Gesicht. Er lachte erneut.
»Und einzigartig bin ich jetzt auch. Mich wird niemand so schnell übersehen. Vielleicht finde ich jetzt auch endlich jemanden, der mich kaufen möchte.«
Santa Claus war gerührt und wusste nicht, was er sagen sollte. Dann schnappte er sich den Teddy, legte ein paar Geldscheine auf die Ladentheke und kletterte zurück in den Kamin.
»Du musst nicht mehr länger warten, Teddy Knopfbär. Ab heute hast du jemanden, der dein Freund sein und nicht mehr auf deine Gegenwart verzichten möchte.«

(c) 2020, Marco Wittler

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