1433. Es kam auf acht Beinen

Es kam auf acht Beinen

Oliana kam erschöpft von der Arbeit. Acht lange Stunden hatte sie ohne eine Pause in der Bäckerei gestanden, Brot, Brötchen und mehr gebacken und sie an ihre Kundschaft verkauft. Jetzt war sie müde. Sie wollte nur noch etwas essen, ein wenig in einem Buch lesen und dann schon bald ins Bett gehen. So lief es bei ihr jeden Tag.
Oliana legte ihre Tasche im Eingang ab und schleppte sich in die Küche. Es wäre so schön gewesen, mit einem leckeren, warmen Essen empfangen zu werden. Da sie aber allein lebte, musste sie sich selbst darum kümmern.
Sie legte ein paar Holzscheite in den Ofen, ein wenig trockenes Heu und Moos dazu und entfachte eine kleine Flamme mit einer Kerze, die schnell größer wurde. Oliana stellte einen Topf über das Feuer und begann, die Zutaten für eine Gemüsesuppe zu schneiden und in das bald kochende Wasser zu geben.
Während sie emsig beschäftigt war, erschien ein unscharfer Schatten vor ihr an der Wand, der schnell größer und klarer wurde. Aus dem dunklen Schemen entstand ein massiger Körper mit acht langen Beinen.
Oliana erschrak, begann zu schreien. »Eine Riesenspinne. Sie wird mich fangen und fressen.« Sie ließ alles stehen und liegen. Sie lief los, stieß gegen den Topf, der klirrend herab fiel. Das heiße Wasser verteilte sich auf dem Boden. Oliana rannte aus der Küche, suchte verzweifelt nach einem Versteck und verkroch sich im Schlafzimmer unter ihrer dicken Decke.
»Siehst du, ich habe es dir doch gesagt.« In der Küche stellte eine winzig kleine Spinne die Kerze ab, die sie in ihren Händen hielt. »Wenn du das Licht weit genug von dir entfernt ist, wird dein Schatten riesig groß.«
Die zweite kleine Spinne grinste breit. »So krass habe ich noch nie einen Menschen erschreckt. Das macht richtig viel Spaß.«

(c) 2022, Marco Wittler

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