1512. Dinopunzel

Dinopunzel

Prinz Donnerechse hatte seinen treuen Triceratops gesattelt und ritt mit ihm an der Meeresküste entlang. Hier lebten nicht nur gefräßige Räuber im Wasser, hier sollte auch die wunderhübsche Prinzessin Dinopunzel gefangen halten werden, die es zu befreien galt. Das war eine Aufgabe, die nur eines Prinzen würdig war.
Wo genau sich das Gefängnis befand, wusste niemand, aber Prinz Donnerechse musste auf dem richtigen Weg sein, denn ihm kamen unzählige enttäuschte Ritterdinos entgegen.
»Ha! Die einfachen Rittersleut sind wohl nicht mutig oder schlau genug, um eine Prinzessin zu befreien. Ich werde ihnen aber beweisen, aus welchem Holz ich geschnitzt bin.«
Mit stolzer Brust ritt Donnerechse weiter. Insgeheim fröstelte ihn allerdings. Er hatte Angst vor der bösen Hexe, die Dinopunzel gefangen halten sollte.
Langsam neigte sich der Tag dem Abend zu. Die Sonne näherte sich unaufhaltsam dem Horizont. Schon bald würde es zu dunkel sein, um weiter zu suchen. Doch genau in diesem Moment tauchte in der Ferne ein neues Licht auf.
Prinz Donnerechse kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Was ist denn das? Das schauen wir uns mal genauer an.«
Er trieb den Triceratops zu Höchstleistungen an, bis sie vor einem hohen Turm mit roten und weißen Streifen zum Stehen kam. Von der Spitze wurde ein helles Licht über das Meer hinaus geschickt. Am Boden steckte ein großes Schild, das niemand übersehen konnte: Dinopunzels Gefängnisturm.
Der Prinz atmete auf. Er hatte sein Ziel erreicht. Er sah sich noch einmal um. Nirgendwo war eine Hexe zu sehen. Also baute er sich unter dem Turm auf, straffte seine Brust und rief die Gefangene mit lauter Stimme an. »Dinopunzel, lass dein Haar herunter.«
Die Geschichten, die man sich von diesem Ort erzählte, berichteten vom wunderschönen, langen Haar. Daran wollte der Prinz empor klettern, um Dinopunzel zu befreien.
Und da erschien sie auch schon. Eine grünhäutige Prinzessin mit roten Wangen trat ins Freie und blickte schüchtern herab.
»Dinopunzel, lass dein Haar herunter.«
Dinopunzel zog die Stirn in Falten. Haare? Welche Haare meinte der Fremde dort unten? Sie sah an sich herab. »Ich bin ein Dino. Ich habe keine Haare.«
Sie zuckte mich den Schultern. »Nehm ich eben etwas anderes.« Dinopunzel zog sich eine besonders schöne Schuppe aus ihrem Panzer und ließ sie fallen.
Prinz Donnerechse war so überrascht, dass er nicht mehr rechtzeitig zur Seite springen konnte. Er wurde um Kopf getroffen, begann zu taumeln und kippte ohnmächtig um.
Dinopunzel seufzte und schüttelte den Kopf. »Die Ritter und Prinzen von heute, sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Alles Weicheier.«
In diesem Moment kam ein einfacher, kleiner Dino des Weges. Er trug ein altes, zerschlissenes Hemd und war am ganzen Körper mit Ruß bedeckt. Er blickte zum Turm hinauf und entdeckte dort Dinopunzel. »Willst du raus?«
Dinopunzel lächelte und nickte.
»Moment. Ich kümmere mich darum.« Der Dino schlurfte zur Eingangstür des Turm, drehte den Schlüssel im Schloss herum und ließ die gefangene Prinzessin heraus. Er nahm Dinopunzel an der Hand, führte sie an Prinz Donnerechse vorbei und floh mit ihr in die Freiheit.

(c) 2023, Marco Wittler

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